Es ist schon ein paar Tage her, da hatte Muriel einen Artikel über die 10 Gebote geschrieben, der mich ein wenig ärgerte. Ich hatte wenig bis gar nicht argumentiert in meinen Kommentaren, weil ich keine große Diskussion wollte, nur auf andere Sichtweisen hinweisen. Muriel hat das (zu Recht) kritisiert, daher möchte ich mir jetzt die Zeit nehmen, etwas ausführlicher auf seinen Artikel einzugehen.
Für Muriel sind die 10 Gebote „ganz fürchterlicher Unfug“. Er trifft auf Unverständnis, wenn er das äußert und hat deshalb besagten Artikel geschrieben, um in Zukunft darauf verweisen zu können, falls er mal wider in so eine Situation kommt.
Im Artikel geht er dann an den Geboten entlang und schreibt jeweils, was daran für ihn Unfug ist. Mein Probem damit, weshalb ich dann kommentierte war, daß Muriel so mit dem Text umging, als handle es sich um einen Text des 21. Jahrhunderts für Menschen des 21. Jahrhunderts, statt auf die Situation der historischen Verfasser und Adressaten einzugehen. Insofern Muriel ein Problem mit der Biblizistik hat, geht es mir nicht anders. Darum soll es hier nicht gehen. Ursprünglich schrieb Muriel auch folgendes:
Ich diskutiere Texte nicht im Kontext der Zeit ihrer Entstehung, weil er mich nicht interessiert.
Damit wäre eigentlich alle Diskussion beendet gewesen. Will man die 10 Gebote als heutigen Text, der an heutige Menschen gerichtet ist, verstehen, gibt es durchaus einige wichtige Kritikpunkte. Aber, ohne das jetzt nochmal überprüft zu haben, gehe ich davon aus, daß Gleiches auch für die Deklaration der Menschenrechte, die US Unabhängigkeitserklärung und was man sonst noch so als modernere „gute“ Texte in Anschlag bringen will. Selbst unser Grundgesetz hat mit seinem Gottesbezug nicht nur Freunde…
Nun hat Muriel aber später folgendes geschrieben:
Ich weiß, ich hatte geschrieben, dass der mich nicht interessiert, und eigentlich weiß ich ja auch schon, dass wir in Bezug auf deine Religion argumentativ völlig inkompatibel sind, aber du hast mich jetzt doch neugierig gemacht, wie du es für dich hinbekommst, auch nur eines dieser Gebote in ihrem historischen Kontext für ein Musterbeispiel weiser und guter Gesetzfindung zu halten.
Ob man jetzt von weiser und guter Gesetzfindung sprechen sollte, naja. Die wurden laut Text ja nicht gefunden, sondern offenbart. Aber sie sind zumindest, aus ihrer Situation verstanden, kein Unfug.
Ein wenig Hintergrund und Kontext: Die Zehn Gebote ergehen laut Exodusbuch als direkte Gottesrede an das Volk Israel, das grad aus Ägypten geflohen und am Schilfmeer dem Pharao und seinen Truppen entkommen war. In dieser Situation nun kamen sie am Berg Sinai an und wurden von Gott gefragt, ob sie Ihm weiterhin folgen wollen, was die Ältesten (als Vertreter de Volkes) bejahen (steht alles in Ex 19). Erst danach spricht Gott zum Volk die „10 Worte“. Diese sind Konsequenz aus der Zustimmung Israels, Gottes Eigentum (sic!) zu sein und von Ihm zum Volk von Priestern gemacht zu werden. In spanischen Bibelübersetzungen kann man das auch daran ablesen, daß die zehn Gebote im Futur stehen (no matarás etc.), also „Du wirst nicht…“. Das entspricht dem Hebräischen Urtext nicht weniger als die deutsche Übersetzung mit „Du sollst nicht“. Das Hebräische benutzt die Präformativkonjugation unter anderem für die Zukunft und für den Jussiv. Die griechische Bibel (Septuaginta) hat übrigens auch das Futur, nicht den Jussiv.
Geht man nun von der erzählten Geschichte weg und sieht in die historisch-kritische Forschung, so geht man heute davon aus, daß die 10 Gebote eine Zusammenfassung der später genannten Gesetzeskorpora sind. Diese Gesetzeskorpora stammen aus verschiedenen Zeiten und stehen einfach so nebeneinander. Diese Gesete sollten die Rechtsordnung sein, in der dann nach dem Exil das Volk Gottes mit diesem Gott leben sollte, um nicht nocheinmal eine solche Katastrophe wie das Exil zu erleben. Das Exil wurde dabei als Konsequenz aus dem als „gottlos“ empfundenen Handeln der Israeliten und Judäer vor dem Exil angesehen.
Diesen Hintergrund erachte ich als nicht unwichtig bei der Beurteilung der 10 Gebote. Ich will nun Muriels Argumentation Schritt für Schritt durchgehen und alternative Ansichten aufzeigen:
Das erste Gebot […] sagt uns also, dass wir Jahwe Elohim als unseren HERRN zu akzeptieren und keinen anderen zu haben haben. Warum das Unfug ist für einen Atheisten muss ich nicht erklären, oder? Und sogar aus Sicht von jemandem, der an die Existenz dieses Gottes glaubt, sollte zumindest prinzipiell einleuchten, dass unbedingter Gehorsam gegenüber einer besonderen Autorität nicht unbedingt eine besonders gut entwickelte Moral demonstriert.
Wie gesagt richten sich die 10 Gebote an Menschen, die sich vorher zu Gott bekannt haben. Atheisten sind nicht im Blick und wer sich hier als Atheist angesprochen fühlt, ist selbst schuld. Hier wird der Monotheismus deklariert, der die Grundlage bildet für die weitere biblische Erzählung, der aber auch Grundlage für die Gesellschaft nach dem Exil sein sollte. Als einer der Gründe für die Zertörung Samarias und Jerusalems wurde der Polytheismus angesehen. Das sollte nun anders werden. Unfug ist das nicht, höchstens irrelevant für jene, die dem ersten Satz (ich bin der Herr, Dein Gott) nicht zustimmen können. Diese Irrelevanz kann man natürlich für Nichtjahweverehrer immer in Anschlag bringen. Sie bedeutet aber noch keinen Unfug.
Was den unbedingten Gehorsam angeht: Wer irgendwelchen „objektiv wahren Prinzipien“ folgt oder zu folgen sucht tut letztlich auch nichts anderes. Alles was hier gesagt wird ist: Wenn Jahwe Gott ist, dann will Er auch alleine verantwortlich sein. Er ist kein Teamspieler. Er behauptet zumindest zu wissen, was gut ist und was nicht. Dem kann man folgen, dann trifft zu, daß Er Herr und Gott ist, folgt man dem nicht, sind die Gebote als Gebote dieses Gottes komplett irrelevant so wie für mich irendweche Forderungen Thors, Allahs oder des Gesetzbuches der Russischen Föderation irrelevant ist.
Ähm … Aha. Ich soll also keiner Bilder und keine Gleichnisse herstellen von irgendwas. Wohlgemerkt, es geht hier keineswegs nur um Jahwe selbst oder irgendwelchen besonders heiligen Kram, was schon albern genug wäre. Es ist uns ausnahmslos verboten, überhaupt Bildnisse zu erstellen. Wieso? Siehe Gebot 1.
Nochmal kurz den Hintergrund: Bildnis bedeuet hier Götterstatue. Man soll also nicht ne Stierstatue aus Gold machen und sagen: Das ist mein Gott. Wie gesagt: Bedingung ist das soeben genannte: Wenn Jahwe der Gott und Herr ist. Stimmt man dem nicht zu, kann man sich so viele Insekten und Vögel als Statuen aufstellen und sich tagtäglich davor niederwerfen und von ihnen Heil und Hoffnung erflehen. Hat dann aber mit Jahwe nicht mehr viel zu tun. Darum geht es hier.
Ähh… Wäre ich jetzt nie drauf gekommen. Ich soll also keine anderen Götter neben Jahwe haben, und ich soll keine Bildnisse machen. Und außerdem soll ich aber auch keine Bildnisse als Götter haben. Gut, dass er uns das noch mal erklärt hat. Ist ja nicht so, dass er den Platz auf den Tafeln für andere Sachen hätte gebrauchen können, zum Beispiel sowas wie “Du sollst übrigens bitte auch keine anderen Menschen versklaven, wenn’s sich irgendwie vermeiden lässt.” oder “Ach so, Vergewaltigung ist auch nicht cool.”, oder auch nur “Hab ich schon erwähnt, dass deine Kinder nicht dein Eigentum sind und du nicht das Recht hast, sie zu schlagen, Teile von ihnen abzuschneiden, sie ohne ihre Zustimmung zu verheiraten oder sie sonstwie zu misshandeln?”
Offenkundig wurde der Platz dafür nicht gebraucht, sonst hätte es ne dritte Tafel gegeben 😉 Ich sehe jetzt einmal die Frage nach dem Götterstatuen haben und diese anbeten als abgehandelt an. Wie ist es nun mit Vergewaltigung, Sklaverei und Eigentum an Kindern? Sicher, ein allmächtiger, allgütiger und allwissender Gott hätte all das problematisieren können. Ebenso, daß Homosexuele auch Menschen mit Rechten sind, daß es Hexen nicht gibt und auch wenn man das meint sie nicht verbrennen darf, und daß man keine Steuern hinterziehen soll oder Optionsgeschäfte mit Nahrungsmitteln machen… Um alles aufzuschreiben bräuchte man dann wohl wirklich ein ganzes Gebirge. Wie waren denn die Lebensverhältnisse damals? Der Vater der Familie hatte tatsächlich das Eigentum an Frau und Kindern. So gesehen gab es in der Ehe erst einmal gar keine Vergewaltigung, übrigens auch bei uns bis vor kurzem nicht, das ist noch nicht lange strafbar und das Bewußtsein, daß es sich dabei um etwas Schlimmes handeln könnte dürfte auch nur wenig älter sein.
Wurde eine Frau vergewaltigt, so war der leidtragende nach damaligem Verständnis eben der Vater oder Ehemann, weil sein Besitz geschädigt wurde, so pervers es sich für heutige Ohren anhört. Das Thema Vergewaltigung dürfte also, soweit es sich nicht um Vergewaltigung innerhalb der Ehe handelt, unter „Du sollst nicht stehlen“ oder „Du sollst nicht ehebrechen“ oder „Du sollst nicht begehren“ subsummiert sein. Häte Gott das anders tun können? Sicher, aber wer sagt, daß Gott die Bibel selbst geschrieben hätte?
Wie ist es mit der Sklaverei? An sich ne furchtbare Sache, aber was ist der gesellschaftliche Hintergrund, bzw. was ist die Alternative? Alle Sklaven freilassen? In den USA war das geschehen, und 100 Jahre später war ihre Situation realiter nicht viel besser, auch wenn sie de jure frei waren. Da tut das Sabbathgebot mehr, denn am Sabbath soll auch der Sklave nicht arbeiten, seine Last wird gemildert. Natürlich wäre es besser, wenn alle Sklaven frei wären und Land hätten, um für sich selbst zu sorgen. Sie hatten es jedoch nicht. Daneben muß man natürlich bedenken, daß die Sklaven nicht minder Eigentum des Familienvaters waren als Frauen und Kinder, also die gesellschaftlichen Verhältnisse andere waren, als wir sie heute voraussetzen. Gut war das sicher nicht, aber was hätte eine Freiheitsproklamation für Sklaven gebracht damals? Und ja, auch hier war wie sonst auch Gott nicht Autor der Bibel. Es waren damalige Menschen, die an Gott glaubten. Daß es keine Sklaverei geben soll ist eine recht moderne Ansicht, auch wenn schon in der Genesis zu lesen ist, daß der Mensch an sich gottebenbildlich ist…
Misshandlung ist auch so ein Problem. Was ist Misshandlung? Wir werden in vielen Puntken absolut übereinstimmen, in anderen nicht. Manche halten religiöse Erziehung für Misshandlung, andere die Benutzung von Stoffwindeln statt moderner Platikwindeln. Mancher sieht kein Problem bei nem Klaps auf den Hintern, andere rufen das Jugendamt. Viel hängt von der jeweiligen Zeit ab, anderes vom jeweiligen Individuum. Hier wird es immer Streit geben. Aber alles das sind eigentlich Punkte, die zur zweiten Tafel gehören, während wir uns noch auf der ersten Tafel befinden.
Reizend. Wenn jemand also unseren HERRN nicht ausreichend lieb hat, dann rächt er sich nicht nur an ihren Kindern (die natürlich nichts dafür können), sondern auch noch an deren Kindern, und den Kindern von diesen Kindern, also an Leuten, die die Leute nicht mal kannten, die ihm irgendwas getan haben, indem sie ihn nicht genug verehrt haben.
Das ist wieder so ein Übersetzungsproblem (Luther allgemein und dan noch die 1912er Revision ist jetzt nicht unbedingt besonders wortgetreu). Ich hab grad ne Predigt dazu schreiben müssen, deshalb ist mir das noch etwas präsent: „Heimsuchen“ bedeutet hier „untersuchen“. Sprich: Wenn die Eltern was verbocken, überprüft Gott, ob die Kinder das auch tun. Und nach ein paar Generationen kommt dann die „Strafe“. Also wenn wir im 19. Jhd. angefangen haben, Kohlendioxid in Massen in die Atmosphäre zu blasen, dann wird es irgendwann zur Katastrophe kommen. Die Kinder haben also etwas getan, und zwar genau das Gleiche, was die Eltern taten. Den Autoren geht es hier um die Götzenverehrung. Die war ja nach damaligem Verständnis das Problem, wieso man ins Exil kam, weil schon damals alle Könige immer wieder den Götzendienst geschehen ließen und Gott prüfte und prüfte und irgendwann dann das Gane beendete.
Hier ist zum Beispiel ein Prinzip, dem man etwas abgewinnen kann, auch heute noch: Wenn man immer nur das tut, was die Elterngeneration tat, ohne selbst nachzudenken, was gut ist und was nicht, dann schaufelt man sich unter Umständen sein eigenes Grab. Ob jetzt über die Luftverschmutzung oder über die Atomkraft oder über den Kapitalismus tut sich letztlich nicht viel.
Soso. Wenn wir ihn lieben und uns an seine Regeln halten, dann ist er barmherzig. Sonst nicht. Wie ich sagte: Reizend.
Wenn ich mich recht entsinne ist eine andere Übersetzung „Treue“. Gott hält zu denen, die zu Ihm halten. Alle anderen haben sich selbst außerhalb Seines Segens gestellt. Muriel wird wohl kaum Gott, an den er nicht gaubt, die Schud dafr geben, wenn ihm etwas Schlimmes passiert. Außerdem: Es wird nicht gesagt, daß Gott den anderen nciht treu wäre. Kann durchaus passieren. Aber dennen die selbst treu sind, wird Treue versprochen.
total fuchsteufelswild wird, wenn jemand Jehova sagt
Es geht wohl eher um Beschwörungen udn andere magische Praktiken mit Hilfe des Namens eines Gottes. Namen wurde damals ja auch ine spezielle Kraft zugesprochen. Solche Praktiken sollten aufhören. Wie ein Atheist damit ein Problem haben kann, erschließt sich mir nicht ganz.
Zweitens wird das Gebot nicht rational begründet, sondern so, wie liebende und perfekte und allwissende und weise Väter es eben machen: “Tu was ich dir sage, weil sonst schaller ich dir eine!”
Um was es dabei ght kann man als bekannt voraussetzen. So ist das ja auch bei den „ich schaller Dir eine“ oft der Fall. Das Kind weiß genau, wieso es nicht mit dem Feuer spielen soll, oder wieso es sein Geschwisterchen nicht piesaken soll. Felt die Einsicht, kommt die Gewalt. Die verstehen alle. Man kann nun überlegen, ob es nicht doch noch ne Möglichkeit gegeben hätte, Einsicht zu erzeugen, aber manchmal ist es doch besser, dem Kind das Feuer aus der Hand zu schlagen als die Sache über dem brennenden Vorhang auszudiskutieren. Und diese ganzen Beschwörungsgeschichten sind ja auch nicht ganz ungefährlich, so psycholoisch gesehen und so weiter…
Sie lehren keine Moral, sie sind kein vernünftiges Gesetz, sie sind eine Sammlung von Vorschriften eines bekloppten eifersüchtigen Monsters, die man aus Angst vor dessen grausamer Strafe befolgen soll.
Sie lehren die Bedingungen für die von den Israeliten gewünschte Zuwendung Jahwes, um sie zum Priestervolk zu machen. Gott muß und will nicht überzeugen. Die Angesprochenen sind schon überzeugt, wie oben ausgeführt. Ja, argumentiert wird nicht, aber bisher ist alles auch recht gut aus dem Monotheismus heraus erklärbar, da braucht es keine große Erklärung.
Jede Menge Leute missbrauchen jeden Tag den Namen des HERRN, und niemand glaubt meines Wissens auch nur ernsthaft, dass die bestraft werden. Nicht mal die großen Kirchen.
Beschwörungen im Namen Jahwes kommen so häufig wohl nicht vor, aber ich bin auch nicht so in okkulte Zirkel eingebunden. Ob Okkultismus jetzt so positiv für die eigene Psyche ist, also ob diejenigen, die den Namen mißbrauchen, wirklich ohne Probleme davonkommen, das könnte man durchaus einmal eingehender überlegen.
Man darf am Sabbat nicht arbeiten, weil … der HERR es halt gerne so hätte.
Dem Verbot der Feiertagsarbeit kann ich durchaus was abgewinnen, ganz unabhängig von Gott ud der Bibel. Den Gewerkschafte scheint es ähnlich zu gehen, bei aller Kritik, die sie sonst so an den Kirchen leisten… 😉 Und ja, da wird nicht argumentiert. In dem Zusammenhang ist Gott das beste Argument, das wie mehrmals geschrieben nur dann gilt, wenn man diesen Gott anerkannt hat.
ob eine solche Höflichkeitsfaustregel in die Top Ten der wichtigsten moralischen Regeln gehört.
Nochmal Zeitkontext: Damals gab es keine Rentenkassen. Beim ehren ging es nicht darum, den Omas über die Straße zu helfen. Es ging ganz krass um das tägliche Brot. Die Eltern nicht zu ehren bedeutet in dem Zusammenhang, die armen Leute verhungern zu lassen, weil die ja schon zu alt sind, noch zu arbeiten. Es geht nicht um Höflichkeit, und es betrifft irgendwann so ziemlich jeden. IMHO gehört das durchaus in die Top Ten.
Das Konsensgebot, dem kaum mal jemand ernsthaft widerspricht, dabei ist es auch kein gutes.
Seh ich anders [sc. es geht um das töten/morden]. Es gibt genug Menschen, die widersprechen würden, sonst würde niemand niemanden töten. Selbst wenn man es als „morden“ auffasst, was ich für zutreffender halte. Was „morden“ bedeutet ist recht klar, das kann man im jeweiligen Gesetzbuch nachschlagen. Die Zehn Gebote sind ja kein ausführliches Gesetz sondern eher sowas wie die Prinzipien der folgenden Gesetze. Was „Mord“ ist, wäre dort nachzuschlagen. Und ein Gesetz deshab für überflüssig zu halten, weil eh alle zustimmen würden, ist durchaus blauäugig. So gesehen bräuchte man quasi gar keine Gesetze mehr.
Pfff… Joa, klar, wenn ich einem anderen Menschen was verspreche, sollte ich es im Allgemeinen wohl halten. Wie das fünfte Gebot eine nicht ganz abwegige Faustregel, aber ich hätte halt sowas wie “Du sollst andere Leute nicht abschlachten, nur weil sie ein anderes Buch für heilig halten als du.” oder “Hey, Sklaven halten ist doch keine so gute Idee, jetzt wo ich nochmal drüber nachgedacht habe.” schon für wichtiger gehalten.
Die Ehe konstituiert die Familie. Und die ist in Zeiten, in denen die Staatlichkeit verloren ging (Exil!) und wohl auch die Sippen nicht mehr funktionieren die letzte Struktur, die Sicherheit gibt. Wird diese nun etwa durch Ehebrch auch noch aufgelöst, stehen die Menschen alleine da. Das „Abschlachten“ wurde ja vorher schon verhandelt und die Sklaverei ist zwar schlimm, betrifft aber keine so zentrale Institution wie die Ehe.
Wie “Du sollst nicht morden.” Das Gebot setzt für seine Verständlichkeit bereits die Einsicht in das Unrecht der verbotenen Handlung voraus und enthält damit keine Information.
Wer sagt denn, daß das Wörtchen „stehlen“ schon impliziert, daß es sich um etwas Unrechtes handelt? Ich meine, das ist nicht gegeben, und daher ist das Gebot sinnvoll. Durchaus auch in Kontexten, die mit Gott nicht viel zu tun haben. Diebstahl untergräbt der Vertrauen der Menschen zueinander, und das schwächt eine Gruppe, worunter schließlich alle wieder leiden.
Wenn ich Angst habe, dass Landau sonst mich und meine ganze Familie hinrichten lässt, ist das was anderes, aber ich glaube, darum gehts Jahwe hier nicht.
Seh ich auch so. Es geht nicht ums „Lügen“, sondern um das falsche Zeugnis. Und wo bezeugt man etwas? Vor Gericht! Falsch Zeugnis wider den Nächsten bedeutete also: Meineid. Und auch hier gilt: Auch wenn uns allen klar ist, daß das ganz pöhse ist ist es trotzdem nicht verkehrt, das festzuschreiben und klarzustellen. Denn auch das ist zentral. Unrecht im größeren Rahmen stützt sich immer wieder auf Falschaussagen vor Gericht. So höhlt man Rechtsstaaten aus. Falschaussagen vor Gericht haben nie etwas Gutes, während Sklaverei, wenn die Sklaven nicht als solche, sondern als gleichberechtige Mitmenschen behandelt werden, durchaus besser ist als sonst. Falschaussagen sind nie besser, weil sie das System an sich in Frage stellen.
Erstens: Warum nicht? Es schadet niemandem, wenn ich nach irgendwas gelüste, außer vielleicht mir selbst, weil es mich vielleicht frustriert, wenn ichs nicht kriege, aber die Gebote sind ja meines Wissens nicht als Ratschläge für Wohlbefinden gedacht, sondern als Gesetze, deren Nichtbefolgen harte Strafen nach sich zieht.
Weil es die Gemeinschaft untergräbt. Wenn Du neidisch auf Deinen Nachbarn bist, dann wirst Du ihm nicht auf gleicher Augenhöhe begegnen können. Oder, um es mit Meister Yoda zu sagen: Erforsche Deine Gefühle.
Zweitens: Ich kann mir sowieso nicht aussuchen, wonach es mich gelüstet. Das Ding ist also ähnlich sinnvoll wie ein Verbot von … was können wir mal als möglichst abwegiges Beispiel nehmen? Ach ja: Sagen wir, ein Verbot bestimmter sexueller Vorlieben. Hihi. Albern, oder?
Es gibt in der Bibel auch so alberne Forderungen wie die nach der Liebe. Gefühle und ihre Konzeptionen im AT werden im Moment grad genauer erforscht. Es sieht jedenfalls so aus, als ob das alles nicht so ist, wie wir das heute sehen. Da ist beim Lieben ein Tun mit gemeint. Wenn man jemanden lieben soll, dann soll man nicht einfach irgendwelche netten Gefühle haben, ohne etwas zu tun. Gleiches dürfte für das Begehren gelten. Du kannst natürlich nichts dazu wenn Du siehst, daß Dein Nachbar ne neue Playstation hat und Du denkst: Die hätt ich auch gern! Du kannst aber davon abstrahieren und Dir klarmachen, daß Du nicht genau die willst, die er im Wohnzimmer stehen hat, sondern eine andere, und daß Du die legal im Geschäft beziehen willst, und nicht per Stein durch Scheibe – einstecken – wegrennen.
Das sind die Dinger, von denen viele, auch Atheisten, uns immer wieder einzureden versuchen, sei seien die Basis unserer Moral, unserer modernen Gesetze, unserer Kultur, unserer Ethik und von Wasweißichwassonstnoch.
Das sid se, ja, und ich kann denen in ihrer Situation durchaus etwas abgewinnen. Ich meine, daß damit ganz gute Regeln zusammengestellt sind (wenn auch nicht begründet außer im behaupteten Willen Gottes), die für eine Gesellschaft auch zentral sind. Auf der einen Seite ist dies ein gemeisames Prinzip, an dem sich alle ausrichten sollen. Bei den Zehn Geboten ist das Gott. Im modernen Staat kann Gott das nicht sein, weil auch Andersreligiöse (inklusive Atheisten und Agnostiker) im Staat wohnen, also braucht man nen gemeinsamen Nenner. Aber die Absicherung dieser Prinzipien durch bestimmte Regeln, die gegen andere Prinzipien sprechen, ist sicherlich nicht verkehrt. Dann braucht es noch ein paar Regeln für das Zusammenleben: Nicht morden, nicht stehlen, kein Meineid, Schutz der gesellschaftlichen Grundstruktur (hier Familie) durch Schutz der Ehe und der Alten und am Ende noch der Hinweis, nicht seinen Begierden in Bezug auf den Besitz anderer einfach so nachzugeben. Darauf kann man ne Gesellschaft aufbauen. Natürlich sieht unsere Verfassung heute etwas anders aus. Aber ne Analyse, inwieweit diese Prinzipien auch dort Beachtung finden, dürfte durchaus etwas zu Tage fördern. Ich hab für die Analyse leider keine Zeit, aber vielleicht fühlt sich wer anders berufen? Einfach in den Kommentaren reinschreiben oder verlinken 😉