Es ist scho eine ganze Weile her, daß wir uns im Freundeskreis gefragt haben, wieso eigentlich noch keine Musik rausgekommen ist, die die Flüchtlingskrise zum Thema hat.

Als Anfang der 90er die Asylantenheime brannten sagen die Ärzte „Schrei nach Liebe„, die Hosen sangen „Sascha“ und „Willkommen in Deutschland„.

Und heute? Seitdem im letzten Jahr die Zahl der Flüchtlinge, die in Deutschland ankommen, enorm gestiegen ist, brennt es auch hier immer wieder, bricht der Haß auf alles Fremde wieder durch.

Musikalische Kommentare dazu habe ich bisher nicht wahrgenommen – bis heute. Slime ist wieder da.

Man kann von Slime und ihren Texten ja halten, was man will – ihr neues Lied „Sie wollen wieder schießen dürfen“ ist alleine schon deshalb gut, weil es existiert, weil es den „besorgten Bürgern“ einen Spiegel vorhält, weil es Stellung bezieht, und als Musikstück besser als jede geschliffene Rede auch die Emotionen der Menschen ansprechen kann.

Gut finde ich, daß sie sich nciht auf ein Feindbild wie AfD und Pegida einschießen, sondern Taten benennen, die zu verurteilen sind. Daran kann sich jetzt jeder abarbeiten. Wollen wir, daß geschossen wird, daß Grenzzäune hochgezogen werden, daß bei uns Milch und Honig nur für die fließen, die eine bestimmte Hautfarbe und Religon haben?

Wenn es nach mir geht, nicht. Wenn es nach mir geht, sind wir ein offenes Land. Wie die Hosen schon sangen:

Es ist auch mein Land
und ich will nicht daß ein Viertes Reich draus wird.
Es ist auch dein Land
steh auf und hilf, daß blinder Haß es nicht zerstört.

Nun hat Slime also ein Lied aufgenommen und nicht nur das: Sie spenden den Erlös davon an Pro Asyl. Hier ist das Video.

Update:

Ich halte es für angebracht, auch den Text des Liedes (soweit ich ihn verstanden habe) hier abzudrucken:

Sie wollen wieder schießen dürfen,
sie wollen wieder Zäune ziehn.
Denn seine Heimat muß man schützen,
sie laden schon ihr Magazin.

Sie wollen wieder schreien dürfen,
die Jugend neu zum Haß erziehn.
Sie wollen wieder Fackeln tragen
in Straßen von Hamburg und Berlin.

Refrain:
Das ist das gelobte Land wo Milch und Honig fließt,
aber nur solang man jeden Eindringling erschießt.
Die Menschen an den Grenzen sind die Geister die wir riefen
und das weiß doch jedes Kind: Geister kann man nicht erschießen.

Sie wollen wieder sagen dürfen,
daß deutsch sein eine Tugend ist.
Doch niemand wird je fragen dürfen,
wer die deutschen Kugeln frißt.

Sie wollen wieder sagen dürfen,
wenn man nach der Lösung fragt:
In diesem Fall ist es ganz einfach,
wir brauchen Blei und Stacheldraht.

2x Refrain

Comments

Comment by Christina on 2016-04-01 19:22:57 +0100

Zu deinem Musikvideo: War ja klar und ist so typisch, die braune Keule darf auf gar keinen Fall fehlen.

Musikalische Kommentare dazu habe ich bisher nicht wahrgenommen – bis heute.

Ich schon. 😉 : https://www.youtube.com/watch?v=WTdCii-SKUk

Comment by De Benny on 2016-04-01 20:54:10 +0100

Ist es Dir nicht politisch korrekt genug, einen Nazi Nazi zu nennen? Sonst sprichst Du Dich doch immer gegen diese political correctness aus. Und jetzt auf einmal so mimosenhaft?

Comment by De Benny on 2016-04-01 20:58:04 +0100

Ich schon.

Okay, das liegt jetzt musikalisch auch einiges unter meinem Qualitätsminimum. Und so Elektropop ist auch nicht meins, ist aber ne Geschmacksfrage.

Jedenfalls danke für den Hinweis, erweitert auf jeden Fall den Horizont.

Comment by Christina on 2016-04-02 13:53:13 +0100

Und so Elektropop ist auch nicht meins, ist aber ne Geschmacksfrage.

Da hast du Recht, ist alles eine Geschmacksfrage. Mein Geschmack ist diese Art von Musik auch nicht, aber die in deinem Video noch weniger. 🙂

Comment by Christina on 2016-04-02 14:02:51 +0100

Ist es Dir nicht politisch korrekt genug, einen Nazi Nazi zu nennen? Sonst sprichst Du Dich doch immer gegen diese political correctness aus. Und jetzt auf einmal so mimosenhaft?

In deinem Video werden u. a. die AfD und die Bürger, die die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel nicht so prickelnd finden, wie sie das deiner Meinung und der dieser Gruppe nach sollten, als Nazis betitelt. Vielleicht ist dir das ja entgangen…… 😉

Comment by Christina on 2016-04-02 15:53:10 +0100

Eines möchte ich jetzt doch noch gerne wissen. Du schriebst:

erweitert auf jeden Fall den Horizont.

Ist das jetzt Sarkasmus oder meinst du das ernst? Ich frage deshalb jetzt nur mal ganz vorsichtig, falls „ja“, inwiefern?

Comment by De Benny on 2016-04-03 10:28:01 +0100

Es erweitert den Horizont insofer, als daß man sowas malgesehen hat. Nicht mehr, nicht weniger.

Wo im Video wird die AfD als Nazis betitelt? Bitte Textzeile zitieren. Ich find Merkel auch nicht so prickelnd, fühl mich von dem Video aber gar nicht angegriffen.

 

 

Comment by Christina on 2016-04-03 10:39:10 +0100

Wo im Video wird die AfD als Nazis betitelt? Bitte Textzeile zitieren.

Na ja, ich habe mir zum Text des Videos auch die Bilder, mit dem dieser Text hinterlegt wurde, genau angesehen. Solltest du auch mal tun. 😉

Comment by De Benny on 2016-04-03 12:10:25 +0100

Okay, dann anders: Kommt das Wort Nazi überhaupt im Liedtext vor, oder interpretierst Du da was rein?

Comment by Christina on 2016-04-03 12:27:29 +0100

Bilder und Text des Videos ergeben doch eine Einheit, oder nicht? Ist doch vom Produzent (in diesem Fall der Musikgruppe selbst, wenn ich mich nicht täusche) des Videos auch so gewollt, dass man da Assoziationen herstellt, sonst hätten sie das Video ja auch mit Blumenbildchen oder Sommerwiesen untermalen können.

Eine Bitte: Mache es doch bitte nicht immer so kompliziert und anstrengend. Ich habe manchmal bei dir wirklich den Eindruck, du stellst dich absichtlich wie geistig zurückgeblieben an. Aber das bist du doch nicht, stimmts? 🙂 Ich denke nämlich, du kannst den Sinn hinter dem Video auf Anhieb genauso gut wie ich erkennen. Wozu also immer dieses Theaterspiel? Hast du das nötig?

Comment by De Benny on 2016-04-03 23:36:35 +0100

Natürlich ergibt das einen Gesamteindruck und natürlich ist der auch gewollt. Aber es kommt eben auch darauf an, wie bei der Bibel auch, Exegese und nicht Eisegese zu betreiben, also nichts in das Video hineinzulesen, was nicht da ist.

Dein Vorwurf ist:

In deinem Video werden u. a. die AfD und die Bürger, die die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel nicht so prickelnd finden, wie sie das deiner Meinung und der dieser Gruppe nach sollten, als Nazis betitelt.

Dazu ist festzustellen, daß die AfD im Text nicht genannt wird und auch der Begriff Nazi nicht vorkommt. Darüber hinaus gehe ich davon aus, daß eine so links gerichtete Gruppe wie Slime mit der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin noch weniger anfangen kann als ich.

Ich habe mir jetzt das Video noch einmal angeschaut und den Text herausgeschrieben, außerdem habe ich nochmal ein Augenmerk auf die im Video verwendeten Bilder geworfen.

Am Anfang sieht man Die Situation an den Grenzen, dann verschiedene Demos die auf mich eher nach NPD als nach Pegida aussehen. Als das Fackelntragen genannt wird sieht man eine Demo mit Fackeln, die wohl an den Fackelzug der SA nach der „Machtergreifung“ Hitlers erinnern soll – von daher sollte klar sein, wes Geistes Kinder die Macher der Demo sind.

Als zum ersten Mal der Refrain mit „das ist das gelobte Land“ einsetzt sieht man Bilder eier „Dorfgemeinschaft“ die sich als „frei – sozial – national“ zu begreifen scheint, angereichert von Bildern aus jeder Siedlung im Stile der Nazi-Ästhetik und alles schon in schwarz-weiß-rot, also den Reichsfarben. Ebenso sind zu sehen ein Hinweisschild für die Entfernung nach Braunau am Inn, die Aufschrift auf einem Geländewagen (ausländisches Fabrikat?) „marschiere oder stirb“ und dergleichen.

Über die Gesinnung dder Menschen in dieser „Dorfgemeinschaft“ brauchen wir sicherlich nicht lange zu diskutieren.

Dann kommen andere Bilder. Das Bild von der diesjährigen Fassenacht mit der Ilmtaler Asylabwehr (da wurden Ermittlungen wegen Volksverhetzung aufgenommen, also auch hier ist die Zuschreibung „Nazi“ sicher nicht ganz unbegründet – auf jeden Fall wird tödliche Gewalt als mögliche Lösung propagiert).

Dann sind Demos zu sehen, die womöglich Pegida oder einen der Ableger zeigen, einmal kommt Thügida in den Blick (zu lesen auf einem Banner), nach einem Schnitt sieht man an der selben Straßenstelle die Banner einer „Brigade“ mit Reichsflagge – auch das deutet eher auf rechtsextremes denn auf demokratisches Gedankengut hin – oder welcher Demokrat benutzt die Reichsflagge?

Dann sieht man den Spruch „meine Heimat bleibt deutsch“, eingerahmt in Schwarz-Rot-Gold.
Hier sieht man eine wunderbare Dissonanz, wo die Farben des demokratischen Rechtsstaates die Ideologie der Freiheitsfeinde verziert. Mit dem Benutzen der demokratischen Farben soll suggeriert werden, daß man kein Nazi sei (der würde ja schwarz-weiß-rot benutzen). Der Spruch allerdings, der sich an der Nationalität aufhängt zeigt, um was es eigentlich geht.

Man sieht weiter Bilder von Demonstrationen, mit vielen jungen Männern ohne Haare, also wohl wieder eher NPD-nahe, einen Chaoten mit langem Bart, der von einem Polizisten davon abgehalten wird, auf den Kameramann loszugehen.

Zwischendurch sieht man kurz Zschäpe im Gerichtssaal, als die Textzeile „wer die deutschen Kugeln frißt“ kommt.

Auf allen Bildern ist immer noch klar, daß es den Abgebildeten um die Abgrenzung von Ausländern und „nichtdeutscher Kultur“ geht, wenn auch langsam neben den rechten Glatzen und Fackelträgern von NPD und Konsorten auch die „besorgten Bürger“ von AfD und Pegida in den Blick kommen.

Als am Ende dann noch zweimal der Refrain ertönt sieht man zuerst Häuserbrände, offenbar von angezündeten Asylantenheimen sowie eine Übersichtskarte mit den Brandanschlägen, dazu dann auch Bilder von Aktivisten, die Brandschutt vor dem Büro der AfD ausleeren und Bürotüren vernageln, auch die Aktion des PENG Kollektivs mit der Sahnetorte gegen Mausrutscherin von Storch wird gezeigt.

Zwischendurch sieht man wieder junge Mäner mit Fackeln und Pullis mit der Aufschrft „Nationalist“. Man sieht Szenen aus Clausnitz, Petry und das Indienbild von Steinbach, am Ende sieht man Szenen von Polizeigewalt, ich vermute an den Grenzen auf dem Balkan.

Von den Bildern her zeigt das Lied eine Entwicklung von klaren Rechtsradikalen immer weiter in die Mitte. Erst die NPD mit Fackeln, di „Dorfgemeinschaft“ mit der Nazi-Ästhetik, verschiedene Demos von Glatzen und dann auch Pegida etc, brennende Häuser, dann die AfD (die vor allem als Opfer vorkommt!) bis hin zu Steinbach, einer Abgeordneten einer Volksartei und dann der Polizei, die idealiter in der Mitte der Gesellschaft stehen sollte.

Und immer wieder geht es darum, wie der Text sagt, wie versucht wird, die Geister zu erschießen.

Vor dem Hintergrund finde ich es interessant, daß Petry grad in dem Moment eingeblendet wird, wo „Geister kann man nicht erschießen“ gesungen wird.

Der Text drückt IMHO aus, daß es zunehmend Menschen gibt, die offen fordern, daß wie in den „guten alten Zeiten“ Grenzen befestigt werden und geschossen wird. Milch und Honig (also Wohlstand) gäbe es bei uns nur, so lange wir uns der „Eindringlinge“ erwehren können. Slime spitzt zu und spricht vom Erschießen, was wie gesagt ja auch die letzte Konsequenz von Petrys Forderung ist – interessanter Weise macht Slime diese Aussage gar nicht. Im Video heißt es lediglich, daß in letzter Konsequenz Häuser brennen. Und das ist ja auch folgerichtig: Wenn man den Wohlstand für sich erhalten will und es den Wohlstand nur so lange gibt, wie keine Eindringling reinkommen, ist das Anzünden von Heimen sicher ein effektives Mittel.

Da werden im Grunde nur die Ansichten des rechten Randes zu Ende gedacht. Und die AfD stellt sich eben in diese Denkreihe, wenn sie vom Schußwaffengebrauch an der Grenze (Petry, von Storch) und Ausbreitungstypen (Höcke) die rechte Ideologie stützen. So helfen sie dem Eindringen rechter Ansichten in die Mitte der Gesellschaft. Kritisiert wird ja auch nicht nur die AfD, sondern eben auch Steinbach mit ihrem Indienbild.

Slime stellt auch dar, wie unsinnig das ganze Unterfangen der rechten bis hin zu Steinbach und der AfD ist: Die Menschen an den Grenzen sind die Geister, die wir riefen. Sprich: Daß in Afghanistan, Syrien und vielen anderen Ländern Krieg herrscht, und daß die Menschen dort nicht anständig leben können, liegt unter anderem daran, daß Deutschland und Europa vom dortigen Elend seit Jahren profitiert.

Wir haben Waffen exportiert, Diktatoren gestützt, billige Rohstoffe importiert, deren Frderung der Bevölkerung keinen Reichtum sondern nur Not und Elend brachte.

Wir haben die Geister gerufen und müssen nundamit umgehen. Und erschießen hilft da nicht (auch die Grenzen dicht zu machen), denn die Probleme bleiben bestehen.

Die Lösungen des rechten Randes – Stacheldraht und Blei – können höchstens die Sympthome ein wenig dämpfen. Aber es versuchen ja schon wieder mehr Menschen über das Mittelmeer nach Europa zu kommen, seit die Balkanroute stärker überwacht wird.

Gleichzeitig haben wir uns an Erdogn verkauft, der viel Geld dafür kassiert, daß er die Menschen doch nach Syrien abschiebt. Das ist die Folge des Drucks der europäischen Rechten – auch der AfD. Und das Blut dieser Menschen klebt an unseren Händen. Diese Schuld ist ein Vorgeschmack dafür, was kommen wird, wenn wir den Rechten noch mehr Einfluß zugestehen.

Aber nochmal zu Dienem Vorwurf: Es werden nicht alle als Nazis bezeichnet, es wird überhaupt niemand als Nazi bezeichnet, aber es wird ausgedrückt, daß sowohl die Ansichten der Nazis als auch die der AfD und Steinbach und den ganzen Pegida-Ablegern inhaltlich zusammengehören und brandgefährlich sind.

Damit muß die AfD leben. Wer gefährliche Forderungen aufstellt muß damit rechnen, dafür kritisiert zu werden.

Zumal man das Video ja auch so verstehen kann, von der Auswahl der Bilder und vom dabei gesungenen Text, daß die AfD und ihre Klatscher ebenfalls zu den Geistern gehören, die man nicht mit Schutt und Sahnetorten „erschießen“ kann.

Letztlich haben alle Extremen genau so viel Einfluß, wie wir ihnen zugestehen. Wenn wir dem Haß eine Daseinsberechtigung geben, wenn wir der Angst und Sorge um uns und unseren Wohlstand eine Daseinsberechtigung geben, und nicht alles Gott anheim stellen, dann wird sich das auswirken. Die Angst wird uns beherrschen, und wir werden sündigen, um unsere Angst ruhig zu stellen.