Ich mache gerade Urlaub im Allgäu und kam dabei auch in Oberstdorf an der Kapelle St. Maria Loretto vorbei. Die Kapelle hat folgendes Deckengemälde:

Nun komme ich aus einer Gegend, in der zwar etwa die Hälfte der Menschen katholisch ist, aber der Katholizismus bei uns scheint sich doch stark davon zu unterscheiden.

Ich nehme sowohl das Deckengemälde als auch die genannten Sprüche so wahr, als würde hier Maria die Stelle einer Gottheit einnehmen. Ich kenne Gemälde wie das obere, in dem Christus in der Mitte steht. Das ist gut und angemessen. Aber Maria? Klar, sie ist eine Heilige, und ich habe auch nichts gegen Heiligenverehrung. WirProtestantenhaben ja auch unsere „Heiligen“. Menschen, die als Vorbilder im Glauben dienen: Luther, Bonhoeffer, Martin Luther King…

Ich kann auch noch bei den Anrufungen mitgehen. Mir wurde mal erklärt, daß das nichts anderes sei, als wenn ich einen Freund bitte, für mich zu beten.

Aber ich komme nicht damit klar, daß, wenn dann Gebete erhört werden und Maria gedankt wird statt Gott, dem eigentlich die Ehre dafür gebührt.

Ich habe auch Probleme damit, wenn in einer Kirche ein Gemälde an der Decke ist, in der Maria in einer Weise dargestellt wird, auf den Wolken, umringt von Engeln, als ob es neben ihr keinen anderen mehr gäbe. Das Spruchband, das der Engel links hält, enthält zwar mit dem Spruch „Regina Coelis laetare“ einen sachten Hinweis auf Christus, aber doch in sehr versteckter Form. Mir fiel das Spruchband nur jetzt auf, da ich die digitale Fotografie angesehen habe. In der Kapelle war es mir nicht aufgefallen. Dann ist der Spruch noch auf Latein und Christus kommt auch nicht direkt in ihm vor, sondern nur, wenn man weiß, wie der Spruch weitergeht.

Dieser sachte Hinweis fällt aber nicht auf. Und er wirkt erst recht nicht. Was bei dem Bild wirkt ist die Mittelstellung Mariens, die verehrenden Engelsscharen um sie herum, der Lichtstrahl in ihrem Hintergrund und sie mit ausgebreiteten Armen, als ob sie die Welt empfangen, in Schutz nehmen wollte. Als ob sie und nicht ein anderer Ansprechpartner des Menschen wäre.

Wie gesagt, ich habe damit ein Problem. Wo kommt da Gott vor? Steht Maria im katholischen Glauben wirklich derart zwischen Mensch und Gott? Ist Gott derart unzugänglich? Liest hier ein kundiger Katholik mit, der mir Protestanten das erklären kann? Ich wäre sehr dankbar darum.

 

Comments

Comment by Thomas Jakob on 2015-10-10 09:01:17 +0100

Ich teile Deine Vorbehalte. Mit exzessiver Marienfrömmigkeit kann ich nichts anfangen. Darstellungen und Bräuche, in denen die Trinität scheinbar zur Quaternität ausgebaut wird, nehme ich schlicht als Ausdruck von Volksfrömmigkeit zur Kenntnis, mehr nicht. Sobald es theologisch wird,  bleibt es auch katholisch immer bei der Dreieinigkeit.

Als biblische Begründung oder biblisches Beispiel, warum es sinnvoll sein kann, Maria um Hilfe zu bitten, ist mir mal die Hochzeit zu Kana genannt worden. Jesus reagiert zwar zunächst abweisend, erfüllt seiner Mutter aber dann doch ihre Bitte.

Comment by De Benny on 2015-10-11 20:07:19 +0100

Ja, aber dann hat Jesus geholfen, und nicht die „Heilige Jungfrau“. Ich hatte bisher auch den Eindruck, daß es zumindest theologisch trinitarisch wird (bei uns daheim auch in der Volksfrömmigkeit, aber das sind ja meist neugelernte Katholiken).

Nur, das waren Kirchen und Kapellen, da guckt doch ein studierter Theologe drüber, der anders als bei uns auch noch viel krasser durchgreifen kann, wenn die Volksfrömmigkeit ins häretische driftet…

Das mit der Quaternität passt übrigens auch ganz gut auf die Biblizisten, da bring ich das Denkmodell sonst. Aber hier passt es auch, hast Recht.