I have a dream that one day on the red hills of Georgia, the sons of former slaves and the sons of former slave owners will be able to sit down together at the table of brotherhood.

I have a dream that one day even the state of Mississippi, a state sweltering with the heat of injustice, sweltering with the heat of oppression, will be transformed into an oasis of freedom and justice.

[…]

I have a dream that one day, down in Alabama, with its vicious racists, with its governor having his lips dripping with the words of „interposition“ and „nullification“ — one day right there in Alabama little black boys and black girls will be able to join hands with little white boys and white girls as sisters and brothers.

Die von Ravenbird angestoßene Diskussion zu Radikalisierung und Gewalt geht weiter, und ich bin darüber ins Denken gekommen.

Vor ein paar Tagen hatte ich dazu schon einml einen Artikel verfasst, den ich so auch stehen lassen kann. Tatsächlich sehe ich eine Gefahr wenn es um Radikalisierung geht, nämlich daß es zu Gewalt kommt.

murdeRED dreams, ein anderer Diskussionspartner, versucht mir seither (oder schon vorher) die Aussage in die Schuhe zu schieben, ich hätte gesagt, Radikalisierung sei gleichbedeutend mit Gewalt, und er ist davon auch nicht abzubringen. Trotzdem hat ein Kommentar von ihm, namentlich der wo es um die Radikalität und Gewaltbereitschaft von Polizisten geht, mir eine neue Perspektive eröffnet.

Bei den gewalttätigen Pollizisten mußte ich unwillkürlich an Bull Connor, Birmingham und Martin Luther King Jr. denken. Mit King hatte ich mich im Studium befaßt, deshalb ist er für mich ein guter Ansatzpunkt, um meine Denke hier zu präzisieren.

King wurde in Birmingham (und überhaupt) vorgeworfen, daß seine Proteste Gewalt provozieren würden. Den Einwand wies er damit zurück, daß die Gewalt schon da sei, er bringe sie mit der gewaltfreien Methode nur an die Oberfläche:

Actually, we who engage in nonviolent direct action are not the creators of tension. We merely bring to the surface the hidden tension that is already alive. We bring it out in the open, where it can be seen and dealt with.

Von daher stellt sich die Frage, ob Radikalisierung und das damit verbundene Ansteigen des Gewaltpotentials (wobei die Gewalt nicht notwendig von allen „Radikalen“ ausgeht! Gandhi war radikal und die Briten gewalttätig, King war radikal und Bull Connor gewalttätig – wobei man fragen dürfen ollte, ob nicht auch jeweils Bull Connor und die Briten eine gewisse Art von Radikalität verkörperten) immer negativ einzustufen ist.

Offenkundig nicht. Zumindest sehe ich das so. King hatte Recht mit seiner nonviolent direct action und er hat auch etwas bewirkt. Nur sollte man auch bedenken, was die Umstände damals waren: Die Presse hatte Interesse an der Auseinandersetzun und hat (vor allem im Norden) ausgiebig berichtet. Noch war der Vietnamkrieg nicht so sehr im Fokus, daß er zu einer Konkurrenz in den Nachrichten werden konnte.

Die Staaten Afrikas und Asien erlangten in dieser Zeit nach und nach ihre Unabhängigkeit und die USA versuchten, sie als Verbündete zu gewinnen, ebenso wie die Sowjetunion, in der es keine Berichte über Rassenunruhen gab.

Es gab in den USA (vor allem im Norden) eine Mehrheit, die die im Süden praktizierte Rassendiskriminierung ablehnte was ebenfalls zu politischem Druck führte, der Druck war letztlich so groß, daß die politisch Verantwortlichen  teilweise (nicht in Birmingham und meines Wissens auch nicht im direkten Zusammenhang mit Aktionen von King, aber er war ja nicht der einzige) die Nationalgarde schickten. Es kam zu regelrechten Schießereien.

Und schließlich, auch das darf man nicht vergessen, gab es in der schwarzen Kirche, ihren Gläubigen und ihren Pastoren eine Ressource für die Organisation der Bürgerreechtsbewegung: Es gab Gebäude, in denen man Treffen abhalten konnte und die im eigenen Besitz waren. Es gab mit den Pastoren Afroamerikaner, die finanziell unabhängig von weißen Vorgesetzten waren und so nicht unter Druck geraten konnten, es gab mit den Gläubigen der Kirche viele Freiwillige, die aus christlicher Überzeugung und Opferbereitschaft willens und fähig waren, die Last des gewaltfreien Widerstands auf sich zu nehmen. Was gar nicht unterschätzt werden kann: Wer kann garantieren, daß er sich nicht zur Wehr setzt, wenn er brutalst zusammengeschlagen wird?

Unter diesen Voraussetzungen konnte die US Bürgerrechtsbewegung einiges erreichen. Allerdings ließen die Erfolge nach, als man sich sozialen Problemen im Norden zuwandte: Dort fehlte die schwarze Kirche als tragende Institution – die wenigen schwarzen Gemeinden waren zu wenige. Außerdem nahm der Vietnamkrieg bereits breiteren Raum in den Medien ein und auch der politische Druck konnte nicht groß genug werden. Erstens gab es nirgends in den USA eine große Wählergruppe, die „linken“ Ansätzen besonders offen gegenüber gestanden hätte, außerdem erregten die sozialen Mißstände auch im Ausland nicht so viel Interesse.

Nebenbei gab es noch ganz andere Radikale: Malcolm X, die Black Muslims, die Black Panthers und wie sie alle hießen, die auch Gewalt als Mittel nicht ausschlossen sowie studentische Gruppen, deren Verbindung zu den Kirchen lockerer war und die deshalb auch nicht in dem Maß auf die gleichen Ressourcen zugreifen konnten oder wollten.

Zurück zu unserer Situation hier: Ich sehe momentan nicht, wo eine Radikalisierung Fortschrite bringen könnte. Denn wie gesagt, Radikalisierung zur falschen Zeit kann ganz bös nach hinten losgehen. Nach Kings Ermordung brachen Unruhen aus, die viel Leid und Zerstörung nach sich zogen und bei einigen wohl auch die Bürgerrechtsbwegung in Verruf brachten, auch wenn es keinen direkten Zusammenhang zwischen Gewalttätern und Aktivisten gab. King hatte die gewaltbereiten Gruppen immer zu bremsen versucht. Sein Ziel war nicht, seine Ansichten allen überzustülpen, sondern die „beloved community“.

Am Ende sollten alle miteinander am Tisch sitzen können, am Ende sollte der Streit ein Ende haben, nicht, indem die Gegner untergebuttert werden, sondern indem man sich untereinander aussöhnt.

Das wäre auch meine Zielvorstellung für die Gesellschaft, und auch wenn es ein utopisches Ziel ist bin ich der Meinung, sollte man danach streben. Nur denke ich, daß im Moment die Bedingungen nicht so sind, daß Radikalisierung neben einer Erhöhung des Gewaltpotentials (nicht zwingend durch die Radikalen, aber allgemein) nicht viel bringen wird. Das Problem ist nicht eine Minderheit, die die Macht ausübt und die durch direkte Aktion und einen gewissen Presserummel von diesen Positionen vertrieben werden könnten. Ich denke das Problem bei uns heute ist viel mehr, daß es viele kleinere Gruppen gibt, die alle in eine andere Richtung wollen, die alle ganz eigene (und oft existentielle) Probleme und Ängte haben. Diese müssen erst einmal wieder zusammenfinden. Deshalb: Kiene Radikalisierung, lieber aufeinander zugehen. Wenn wir es eines Tages schaffen, daß nur noch eine kleine Minderheit von Machthabenden gegen eine Mehrheit im Volk steht, dann kann man auch wieder radikaler sein, weil man dan kaum mehr jemanden verschreckt damit (und damit das Gespräch verunmöglicht). Hatten wir ja auch schon: ’89 im Osten. Pegida meint vielleicht, daß jetzt wieder so ein Zeitpunkt gekommen wäre. Aber allein die Zahlen der Gegendemos zeigen: Sie sind nicht das Volk, das Volk ist wohl am ehesten tatsächlich gespalten und demonstriert gegeneinander.

And when this happens, and when we allow freedom ring, when we let it ring from every village and every hamlet, from every state and every city, we will be able to speed up that day when all of God’s children, black men and white men, Jews and Gentiles, Protestants and Catholics, will be able to join hands and sing in the words of the old Negro spiritual:

Free at last! Free at last!

Thank God Almighty, we are free at last!