Hast Du Dich auch schon einml darüber gewundert? Es gibt jede Menge Kinderlieder zu Weihnachten, und man kann von vielen zumindest die erste Strophe auswendig mitsingen.

Jedenfalls geht mir das so. Ich bin seit Oktober als Vikr in der Grundschule und erlebe zum ersten Mal seit Jahren wieder viel bewußter die Vorweihnachtszeit. Im Studium war anderes wichtiger, der Alltagsstreß hatte mich, Weihnachten kam ganz plötzlich, nämlich wenn ich gegen den 24. nach Hause zu meinen Eltern fuhr, und war dann nach ein paar Tagen auch wieder um.

Das Vikariat ist nicht unbedingt unstressiger als das Studium, aber man ht von Berufs Wegen mehr mit Weihnachten zu tun. In der Grundschule basteln wir seit Ende November Weihnachtsschmuck und singen Weihnachtslieder.

Vor Jahren, ich war wohl selbst fast noch ein Kind, stellte ich mir die Frage schon einmal: Wieso gibt es so viele Weihnachtslieder, aber kein einziges Osterlied?

Ich meine Lieder von der Art wie „Stille Nacht“ oder „Süßer die Glocken“ oder „Vom Himmel hoch“. Stimmt, manche davon sind unglaublich verkitscht und haben vielleicht mehr mit einem Harmoniesuchenden Bürgertum zu tun als mit der Geburt des Herrn der Welt, aber es gibt auch welche, die recht kitschlos daherkommen.

Bei Ostern gibt es das alles nicht, geschweige denn bei Pfingsten oder Karfreitag.

Liegt darin vielleicht der Grund, daß Weihnachten als so viel wichtiger als die eigentlich wichtigen christlichen Feste wahrgenommen wird? Hält man Karfreitag, Ostern udn Pfingten für zu kompliziert, um dafür Kinderlieder zu schreiben? Oder zu wichtig, als daß man sie Kinderreimen aussetzen wollte? Oder – im Falle von Karfreitag – für zu brutal?

Kann vielleicht in der Dichtung von geeigneten Oster- und Pfingstliedern eine missionarische Chance liegen?

Man müßte es vielleicht wirklich darauf ankommen lassen. Wenn ich nur eine Begabung auf dem Feld hätte, ich komm nur auf sowas:

…hurra, hurra, Jesus ist wieder da…

…erst wurd Er tot ins Grab gelegt, jetzt ist der Stein hinweggefegt…

…sie wollten Ihn besiegen, doch blieb Er nicht liegen, stand auf am dritten Tage, Jesus Christus der Starke…

…lies sich auslachen und bespucken, das konnte Ihn nicht jucken, ertrug Folter und Kerker, den Christus war stärker…

… die Schwachen verteilen Hiebe, doch viel stärker ist die Liebe…

Hat jemand von Euch weitergehende Ideen?

Comments

Comment by Uwe Hermann on 2014-12-14 11:41:00 +0100

Hallo Benny,

du hast vollkommen recht! Ich habe mir darüber auch schon Gedanken gemacht. Vielleicht regt deine Dichtkunst ja den einen oder anderen Liedermacher an… :-).

Liebe Grüße
Uwe

Comment by De Benny on 2014-12-14 18:32:22 +0100

Mal sehn, wenn ich mal eigene Konfirmanden hab, setz ich die vielleicht dran… 😉 Aus dem Obigen sollte hervorgehen, daß meine „Dichtkunst“ sozusagen inexistent ist…

Comment by Thomas Jakob on 2014-12-16 18:52:05 +0100

Ostern in der Volksfrömmigkeit und im Liedgut auf Augenhöhe mit Weihnachten? Keine Chance! Trotz aller Bemühungen von theologisch interessierter Seite wird Ostern Weihnachten niemals auch nur ansatzweise den Platz als gefühlt wichtigster christlicher Feiertag streitig machen.

Vielleicht steckt einfach ein verbreitetes Gefühl dahinter, dass die Auferstehungsgeschichte doch nichts anderes sein könnte als die Lebenslüge eines Haufens verzweifelter Jünger, denen ihr Messias abhanden gekommen war. Dass man auf eine mysteriöse Auferstehung womöglich  noch eine ebenso mysteriöse Himmelfahrt draufsetzen musste, um zu erklären, wo dieser Auferstandene denn nun eigentlich sei, macht es nicht besser und die Tatsache, dass man die ursprünglich versprochene kurzfristige Wiederkunft mittlerweile bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben hat, auch nicht.

Keine der theologischen Grundstrategien:

Stramm weiterbehaupten, notfalls bluffen,
Dialektisch vernebeln, sich hinter allgemeiner Unwissenheit verstecken, die Frage zumindest rhetorisch offen halten,
Abstrahieren und Begriffe einigermaßen sinnvoll neu belegen,

eignet sich, um Heinz und Erika Mustermann und deren Kinder auch emotional zu überzeugen und für Ostern zu begeistern, wahrscheinlich ist sogar Strategie 1 darin praktisch am erfolgreichsten. Ostern ist etwas für den erwachsenen, gebildeten, ausgebildeten Glauben, umso mehr, wenn die eigene Vergänglichkeit schon ins Bewusstsein gedrungen ist.

Weihnachten, die Menschwerdung Gottes, ist dagegen unmittelbar und emotional nachvollziehbar. Und wer Kinder hat, kennt die Macht der Machtlosigkeit in Verbindung mit Liebe. Da braucht man nicht groß predigen, das ist fast selbsterklärend.

Mit adventlichen Grüßen

Thomas

Comment by De Benny on 2014-12-16 20:04:22 +0100

Ich verstehe, was Du meinst, aber muß man denn bei Ostern so viel erklären? „Ich habe die Welt überwunden.“ Oder „seht her, die haben mich totgeschlagen und ich steh einfach wieder auf“.

Ist vielleicht nichts so harmonisches wie eine Geburt, aber ich denke da ist emotional auch etwas zu reißen. Ich glaube nicht, daß man so unterscheiden sollte zwischen „erwachsenem“ Glauben und „Kinderglauben“. Wenn der Glaube nicht für alle zugänglich ist (und zwar komplett, inklusive Kreuz und Auferstehung), wenn es also eine Mehrklassengesellschaft im Glauben (und da wir von sola fide ausgehen mittelbar damit auch in der Erlösung) gibt, dann ist irgendwo ein Fehler, oder nicht?

Mir geht es hier vor allem darum, die emotionalen Aspekte von Ostern auszuleuchten. Vielleicht muß dazu das Gottesbild wieder etwas härter werden und neben der Liebe auch deren Konsequenzen (Kreuz auf sich nehmen) wieder verstärkt ins Gespräch kommen (wäre gesellschaftlich auch wünschenswert, wenn ich so an Pegida und all die anderen denke, die vor allem ihre eigenen Interessen im Blick haben und nicht einmal mehr reflektieren, ob das nicht ethisch fraglich sein könnte – und dnn berufen sie sich noch auf ein „christliches“ Abendland! Nee, ich hr auf, ich reg mich schon wieder auf…).

Aber Macht der Machtlosigket ist doch genau auch Thema an Karfreitg. Wer ist der Stärkere? Der, der zurückschlägt, oder der, der alles auf sich nimmt und wieder aufsteht?

Comment by Thomas Jakob on 2014-12-16 22:08:36 +0100

Zugänglichkeit des Glaubens für alle ist ein berechtigter Anspruch. Das muss für mich aber nicht heißen, dass alles auf einmal für jeden in gleicher Weise zugänglich ist, unabhängig von der konkreten Situation. Für mich selbst habe ich gelernt, dass trotz bestimmter seit der Kindheit konstanter Grundtendenzen manche Elemente je nach Lebensalter unterschiedlich wichtig sind und unterschiedlich wirken. Und manches, was für mich selbst bisher unzugänglich war oder sogar falsch aussah, kann für jemand anders genau das Richtige sein.

Ich erinnere mich an den Enthusiasmus, mit dem eine Gruppe von Behinderten den Weihnachtsgottesdienst gefeiert hat, glaubensstärkend auch für die teilnehmenden Nichtbehinderten.  An Ostern habe ich bisher nichts Vergleichbares erlebt.

Bei Ostern ist immer Karfreitag vorgeschaltet. Was dort faktisch passiert ist, ist klar und brutal. Ähnliche Dinge passieren heute auch. Ostern kann dagegen keine Erfahrung zurückgreifen und der Verstand sträubt sich. Das Ganze ist fantastisch,  bleibt aber emotional ambivalent. Wenn plötzlich ein Totgeglaubter oder sogar Totgewusster vor mir stünde, wenn der vielleicht noch irgendwie ins geschlossene Zimmer gelangt wäre, dann würde ich nicht hurra schreien, sondern hätte gesträubtes Nackenhaar. Ostern ist kompliziert. Wenn Ostern für mich emotional zünden soll, dann höre ich mir Mahlers 2. Sinfonie an.

Weihnachten ist viel bodenständiger und viel allgemeiner vermittelbar.

Comment by De Benny on 2014-12-16 23:52:17 +0100

Weihnachten ist viel bodenständiger und viel allgemeiner vermittelbar.

Naja, Geburt ist allen klar. Aber ist „Geburt Gottes“ nicht ebenso haarsträubend wie „Auferstehung Totgewußter“? Oder ist uns bei der Geburtssache der Aspekt Gott gar nicht so wichtig? Wenn Weihnachten nur noch auf „oh schön, ein Baby“ gebracht wird, ist das nicht zu wenig? Ich weiß ich muß die Dinge erst einmal annehmen, wie sie sind, aber ich kann das doch kritisch sehen.

Ostern ist der Sieg des Underdogs, das kommt in jedem zweiten Hollywood Streifen vor, nur daß die Methode hier ganz besonders ist: die andere Wange hinhalten. Das würde weder bei Braveheart noch bei Leathal Weapon funktionieren, bei der Passion klappt es auf einmal (komisch – lauter Gibson Filme, aber auch Rocky steckt erst einml ein, bevor er seine Gegner KO haut, immerhin, aber er haut noch)…

Comment by Thomas Jakob on 2014-12-17 07:37:43 +0100

Mir geht es nicht darum, Weihnachten zu rechtfertigen oder zu verteidigen. Das brauche ich auch nicht, es liegt unangefochten vorn. Ich versuche, eine einfache Erklärung dafür zu finden.

Dass sich viele Menschen unter den geläufigen Glaubensformeln etwas viel zu einfaches oder auch ganz falsches vorstellen, davon kann man wohl ausgehen. Aber vielleicht hat ja auch das Volk ein sichereres Gefühl für Wahrheit als eine Theologie, die Widersprüchlichkeiten und unterschiedliche Meinungen oft nicht auflöst, sondern irgendwie in Begriffen ein- oder ausklammert, wie das Thema Gottessohnschaft in der Formel „Ganz Mensch und ganz Gott“.

Comment by Christina on 2014-12-17 15:17:51 +0100

Kann mich z. B. an dieses Osterlied aus meiner Kinderzeit (Kindergottesdienst) erinnern. Das fand ich immer sehr schön: http://www.volksmusik-archiv.de/vma/node/194

Dann kenn ich noch dieses (Text wird aus urheberrechtlichen Gründen hier leider nicht angezeigt): http://www.liederdatenbank.de/song/11553

Und wie wär es hiermit (kannte ich bisher zwar nicht), aber auch sehr schön als Kinderlied geeignet, finde ich. Gefällt mir wirklich außerordentlich gut:

https://www.youtube.com/watch?v=qGZVtvgW00c

Also, wenn man sucht, dann findet man schon Einiges.

 

 

Comment by Christina on 2014-12-17 16:47:05 +0100

Mein vorheriger Kommentar muß erst freigeschaltet werden. Aber hier noch ein schönes Kinderlied: https://www.youtube.com/watch?v=P2bXfoCI1JI

Comment by Christina on 2014-12-17 18:57:07 +0100

Das Gedicht ist nicht von mir, aber es trifft vielleicht den Kern, warum die Leute eher Weihnachten als Karfreitag oder Ostern begeistert…… (Betonung liegt auf letzter Zeile 😉 )

 

Keine Firma ohne Feier,
kein Büro und auch kein Heim.
Überall dieselbe Leier,
überall derselbe Reim.
Ob Verein, Behörde, Schule,
überall dieselbe Spule:
Weihnachtsbäume. Engelshaar,
sanfte Reden Jahr für Jahr.
Phrasen, Rührung,
dann Bescherung,
amtliche Gesichtsverklärung,
Propaganda, Unterhaltung,
ziemliche große Lärmentfaltung,
Kaffee, Rauch- und Stollenduft.
In dem Saal der hundert Kerzen
und der sonst so harten Herzen:
Weihnachtsfeierinflation.
Ganz am Rande: Gottes Sohn!

Comment by Christina on 2014-12-17 18:58:30 +0100

Nun wollte ich es „fett“ hervorheben, hat leider nicht geklappt.