Die Frage ist ernstgemeint, und stellte sich mir, als ich bei „Hohes und Tiefes“ darüber las, wie eine Pfarrerin die als Privatperson bei einer Beerdigung war zurechtgewisen wurde ob ihres Weinens.

Der Verstorbene selbst wäre ja zuversichtlich gewesen, und überhaupt war er ja schon lange krank, man hätte also wissen können, daß er stirbt…

Doch was hat das eine mit dem anderen zu tun, frage ich mich. Verbietet es der Glaube, zu trauern? Wieso dann überhaupt Trauerfeiern? Wieso nicht eher Party, daß derjenige jetzt bei Gott ist? Konsequenterweise auch, wenn Kinder sterben…?

Ja, konsequent wäre es, aber menschlich? Ich bin zwar kein Pfarrer und werd vielleicht auch nie einer, aber ich halte mich nichtsdesto trotz für einen gläubigen Menschen (mancher Leser mag widersprechen, aber darauf geb ich nicht viel was das angeht).

Letzten Februar starb meine Oma. Ich hab geweint wie ein Schloßhund bei der Beerdingung. Und noch heute, wenn ich an sie denke, kommen mir manchmal die Tränen. Sie stand mir sehr nah, und meine Trauer bezog und bezieht sich nicht darauf, daß ich Angst hätte, sie käme nicht in den Himmel. Die Trauer bezieht sich darauf, daß sie seither weg ist, daß ich sie nicht mehr besuchen, nicht mehr mit ihr reden kann, sie nicht mehr in den Arm nehmen kann. Ein wichtiger Mensch im Leben ist weg und das hinterläßt ein Loch, auch wenn der Mensch nun im Himmel ist.

Es sagt ja auch keiner, man solle bei „normalen“ Abschieden im Leben nicht weinen. Wenn die Kinder wegziehen. Oder wieder fahren. An Bahnhöfen wird oft geweint, obwohl eigentlich nichts schlimmes passiert.Es geht einfach darum, einen Menschen nicht mehr bei sich zu haben. Und das geht Pfarrern nicht anders als anderen Menschen auch. Wenn ein wichtiger Mensch weg ist, tut das weh. Und dann weint man, selbst wenn man sich gleichzeitig freuen kann, daß der betreffende keine Angst hatte und mit Zuversicht heimgegangen ist.

Comments

Comment by hohesundtiefes on 2014-01-20 13:03:41 +0100

…weint nicht sogar Jesus, als er seinen Freund Lazarus tot vorfindet?
Es ist ganz normal. Alles andere wäre wirklich lebensfern.
Es ist doch nicht die Frage, ob man trauert, sondern wie – getröstet Weinen ist ein anderes Weinen als hoffnungsloses Weinen. Es tut weh, aber anders…

Comment by De Benny on 2014-01-20 13:16:37 +0100

Absolut. Bei Hoffnungslosigkeit würde ich vielleicht auch eher von „Schreien“ reden, wenn auch nicht laut geschrien wird. Aber auch das hat seinen Platz im Glauben, siehe Psalmen…

Comment by Alipius on 2014-01-21 14:28:37 +0100

Erst einmal herzliches Beileid wegen Deiner Oma. Gott hab‘ sie selig!
Und, ja: Trauern darf man. Eigentlich muß man es sogar, weil ich glaube, daß es nicht gut ist, Tränen in sich hineinzufressen. Die Frage ist für mich nicht, ob wir trauern dürfen, sondern wie wir trauern (nämlich nicht wie die, die keine Hoffnung haben – 1 Thess 4,13) und was unsere Trauer bedeutet (nämlich bei allen Tränen doch auch etwas Schönes, ist sie doch ein letzter, liebender Gruß, den wir einem Menschen hinterherschicken, der uns etwas bedeutet hat).

Comment by De Benny on 2014-01-21 18:14:38 +0100

Danke. Und ja, natürlich ist da Hoffnung. Aber gerade darum ging es mir doch, daß Hoffnung nicht bedeutet, man dürfe nicht trauern und ein Pfarrer keine Tränen haben dürfte (so wie ich es verstehe geht es ja nicht ums Hineinfressen der Tränen).

Und die Hoffnungslosigkeit? Die gibt es auch, auch im Glauben. Und gerade dann ist es gut und hilfreich, sich umso mehr Gott zuzuwenden, damit Er wieder Hoffnugn geben kann. Das meinte ich mit meinem Hinweis auf die Psalmen. „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen“ ist ja nicht sehr hoffnungsvoll. Aber in Vers 22 wird es dann wieder besser 😉

Comment by hohesundtiefes on 2014-01-23 09:33:26 +0100

Ich meine, dass das gerade der Unterschied ist: keine Hoffnung zu haben oder eben Hoffnung zu haben – und wir haben Hoffnung! 🙂 Selbst wenn ich Gott anspreche: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“, spreche ich meinen Gott an – das heisst, das ich schon mal damit rechne, dass Er, auch wenn ich ihm vielleicht in dem Augenblick nicht zu spüren vermag, doch da ist und mich eben nicht verlassen hat. In dem ganzen Ambivalenz meiner gegenteiligen Gefühle gewinnt also meine Erfahrung mit ihm, dass er trotz scheinbarer Abwesenheit doch ansprechbar, also irgendwie wohl schon anwesend ist und helfen wird…
Und das tut er dann auch! 🙂

Comment by De Benny on 2014-01-23 09:36:54 +0100

Stimmt. Ich hätte nicht „Hoffnungslosigkeit“ sagen sollen. „Verzweiflung“ wär wohl besser gewesen.