Als ich den Artikel von Theodred über den Familiengottesdienst gelesen hatte, gingen mir ein paar Gedanken durch den Kopf, die noch recht unsortiert sind, die ich aber trotzdem teilen möchte.

Meine Überlegungen beziehen sich hierbei auf die evangelischen Kirchen, weil bei der Kirche von Rom ist das ja alles wieder ganz anders und wird auch anders bewertet etc etc, außerdem kenn ich mich da noch viel weniger aus.

Theodred beschreibt in seinem Artikel den Besuch eines Familiengottesdienstes in seiner Gemeinde, der, aufgrund des Einübens der Lieder vorm Gottesdienst (was die innere Ruhe störte) sowie während der Eucharistie (was Theodred auch als störend empfand), keine schöne Erfahrung für ihn war (ich hoffe ich hab nichts wesentliches vergessen).

In einem Kommentar schrieb er dann, daß er das Thema mal ansprechen wollte. Ich wünsche ihm, daß er und seine Gemeinde da einen modus vivendi finden. Bisher sah der wohl so aus (und ich kenne es aus meinem eigenen Umfeld und auch an mir): Wenn Familiengottesdienst ist, sucht man sich einen Ausweichgottesdienst. Weil, der spricht mich nicht an, so schön er auch für Kinder und Familien sein mag.

Von älteren Leuten hab ich schon gehört, daß die Unruhe der Kinder (die ja auch nur natürlich ist) sie stört und sie das auch nicht mehr so aushalten können wie in jungen Jahren. Es bleiben also die Alternativen, Zielgruppengottesdienste anzubieten, zu denen dann immer bestimmte Leute nicht kommen (und Angesichts der Immobilität im Alter und der Abneigung vieler älterer Leute gegen bestimmte Formen wie den Familiengottesdienst bedeutet das, die Woche ohne Gottesdienst verbringen zu müssen – für den Notfall gibt es ja das ZDF…).

Diese Lösung wird wohl vielfach praktiziert, aber ich finde sie eigentlich nicht ideal. Ich habe diese naive Vorstellung von einer Gemeinde als Versammlung aller, nicht nur aber auch im sonntäglichen Gottesdienst. Und dazu gehören dann eben Kinder und Alte, Hochkirchler und Frauengebetskreis. Im anzustrebenden Idealfall sollte sich jeder im Hauptgottesdienst wiederfinden können und dort auch gerne hingehen.

Aber so machbar ist das nicht, denn was der eine sucht, stört den anderen, und auch wenn meist viel Geduld und Leidensfähigkeit aufgebracht wird.

Ich erinnere mich an Gemeinden, wo ne Band in der Kirche spielte und zwar ziemlich laut. Auch meines Erachtens zu laut für das Gebäude, und ich war damals noch recht jung. Und dann waren die Texte noch in Englisch, der älteren Generation war also nicht nur der ästhetische Zugang verbaut, sondern auch der Inhaltliche. Aber die Gemeinde hatte sich so (und durch andere Maßnahmen) eine relativ große Gruppe von Jugendlichen gewonnen, die auch recht regelmäßig in den Gottesdienst kamen, wenn ich mich recht entsinne.

Dort spielte jedoch eine Rolle, daß die Gegen auch recht erwecklich war, die Kirchenzugehörigkeit auch noch mehr in den Leuten drinsteckte. Immer kann das nicht funktionieren. Und ein Hochkirchler wäre mit den Gottesdiensten auch nicht froh geworden, denke ich.

Ein anderer Gedanke kam mir: Kindergottesdienst. Und zwar beobachte ich in letzter Zeit immer öfter, daß nicht wie zu meiner Kinderzeit der Kindergottesdienst parallel zum Gemeindegottesdienst stattfand, sondern daß die Kinder den Gottesdienst mit den Erwachsenen beginnen, am Anfang noch dabeibleiben, mitbeten und mitsingen, und dann mit ihren Betreuern den Gottesdienst verlassen, um während der Predigt und Fürbitten ihr eigenes Programm zu machen. Zum Segen oder Abendmahl, je nachdem, kommen sie dann wieder und sind in die Restgemeinde wieder integriert.

Wenn man nun Kindergottesdienst als adequate Form des Gottesdienstes für Kinder ansieht, und nicht als unwichtigere und nebensächliche Begeleiterscheinung, weil man halt auch irgendwie Kindergottesdienst macht, könnte man überlegen, ob man dieses Beispiel nicht für andere Gemeindegruppen erweitern könnte:

Dann kämen alle zu einer verbindlichen Rahmenfeier, die die wichtigen liturgischen Elemente enthält. Dann könnte man sich in Gruppen aufteilen, die einen singen Kumbaya, die anderen machen deutsche Messe mit kurzer Predigt und die eher reformiert eingestellten Gemeindeglieder hören eine Predigt in meinetwegen 45 mitütiger Länge (ja, mir tut der Prediger auch grad leid).

Das Beispiel ist sicherlich überzogen und es wirft weitere Probleme auf: Wer darf im Kirchengebäude bleiben, wer weicht ins Gemeindehaus aus? Hat ja auch etwas damit zu tun, welche Wertung der einzelnen Formen öffentlich wahrgenommen wird. Wer auch immer in der Kirche bleibt, wird als Standardangebot wahrgenommen werden.

Und was, wenn es kein Gemeindehaus gibt und die Räumlichkeiten einfach nicht da sind? Auch das ein Problem.

Trotzdem denke ich, man darf ruhig mal 5 Minuten drüber nachdenken. Vielleicht kann man dann auch in einer Gruppe statt Predigt Katechese anbieten. Mit der Möglichkeit zu Rückfragen beim Kirchenkaffee hinterher.

Es ist sicherlich ein enormer Aufwand, zumindest vorerst. Vielleicht findet man, wenn es funktioniert und (fast) alle Gemeindeglieder von dem Konzept irgendwie angesprochen werden, dann auch die nötige Zahl an Mitarbeitern, damit es zum Selbstläufer wird…

Comments

Comment by Christina on 2013-10-29 18:59:35 +0100

Was ist ein „Hochkirchler“?

……(ja, mir tut der Prediger auch grad leid).

Warum das?

Comment by De Benny on 2013-10-29 21:35:14 +0100

Was ist ein “Hochkirchler”?

Guckstu hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hochkirchliche_Bewegung

Warum das?

Jede Woche ne 45minütige Predigt vorzubereiten, die dann auch noch gut ist, ist ne recht anstrengende Sache, vor allem wenn man als einziger Pfarrer der Gemeinde dann auch noch die anderen Parallelangebote mitverantworten muß, inklusive der kürzeren Predigt für die Hochkirchler…

Comment by Christina on 2013-10-30 11:57:21 +0100

Interessant. Ich hatte diesen Begriff wirklich noch nie gehört. Hätte ich ja auch selbst nach googeln können, aber ich vermutete dahinter eher sowas wie jemand „Höhergestellten“ innerhalb der kirchlichen Institution, deshalb kam ich nicht auf die Idee, bei Wikipedia nachzuschauen. Also, Dank dir für die Aufklärung. 🙂