Gestern habe ich ja bereits über das Gespräch, das der Erzählung von der Sturmstillung vorangeht, geschrieben. Heute wende ich mich nun der Erzählung von der Sturmstillung zu.

Sie beginnt damit, dass gesagt wird, Jesus steigt in das Boot und seine Jünger folgen ihm. Es wird hier also direkt an V. 18 angeknüpft. Das Gespräch, über das ich gestern geschrieben habe, scheint wirklich nur einen kurzen Moment zwischen „Los, lasst uns ans andere Ufer fahren“ und dem Beginn der Umsetzung des Planes zu umfassen. Nichts spricht dafür, dass sich die Szenerie zwischen V. 18 und 23 verändert hat. Man kann also davon ausgehen, dass die beteiligten Personen noch die gleichen sind wie zuvor.

Das bedeutet: Auch der Jünger, dem Jesus aufgetragen hat, ihm nachzufolgen, ist noch dort. Ich werde ihn im weiteren Text Unbekannter Petrus nennen. Warum, wird sich noch herausstellen. In der Aufforderung Jesu an den Jünger in V. 22 wird das gleiche Verb benutzt wie in V. 23, als beschrieben wird, dass die Jünger Jesus ins Boot folgen, nur in einer anderen Form. Es wird auch mit keiner Silbe gesagt, dass der Unbekannte Petrus der Aufforderung Jesu nicht gefolgt wäre. Wenn sich an anderen Stellen Menschen von Jesus abwenden, wird dies auch festgehalten. Das alles spricht dafür, dass auch der Unbekannte Petrus ins Boot gestiegen ist. Das wiederum bedeutet, dass er der Aufforderung Jesu nachgekommen ist und seinen Vater tatsächlich zurückgelassen hat, d.h. er hat die Sicherheit seiner Familie verlassen und ist genau das Risiko eingegangen, das in V. 20 beschrieben wird: Er wird nun das Los Jesu teilen, anders als Fuchs und Vogel keinen festen Rückzugsort zu haben. Eine solche Entscheidung trifft man, glaube ich, nicht ohne sehr großes Vertrauen in Jesus. Er ist uns hier ein Beispiel für großes Vertrauen in Jesus und große Leidenschaft für Jesus. Hierin gleicht er finde ich Petrus, der ja auch alles hinter sich ließ und Jesus leidenschaftlich folgte.

Dann folgt die Erzählung von der Sturmstillung. Das Boot läuft voll Wasser – und Jesus liegt im Boot und schläft. Er, der kurz vorher noch sagte, er hat keinen Ort, wo er sein Haupt niederlegen kann, hat sein Haupt niedergelegt. Doch der vorige Vergleich mit Vögeln und Füchsen zeigte ja schon: Es ging bei den Worten nicht darum, dass er nie zur Ruhe kommt, sondern darum, dass er auf Erden keinen Platz hat, an den er dauerhaft zurückkehrt, sondern ohne feste Behausung lebt.

Die Jünger erfasst bei dem Sturm Angst. Obgleich einige erfahrene Fischer unter ihnen sind, bekommen sie das Boot nicht unter Kontrolle. Sie wecken Jesus mit den Worten:
Herr, hilf uns, wir gehen unter! Alle haben Angst – alle werden von Jesus anschließend als „Kleingläubige“ bezeichnet. Einschließlich Unbekannter Petrus. Auch er, der doch kurz zuvor noch als so ein leidenschaftlicher Jünger gezeichnet wird, sich durch so großen Glauben ausgezeichnet hat, wird „Kleingläubiger“ genannt. An ihm, dem Unbekannten Petrus, dem Namenlosen, wird gezeigt, dass das Leben eines Jüngers immer zwischen diesen beiden Polen stattfindet – leidenschaftliche Risikobereitschaft einerseits, furchtvolles Verzagen andererseits. Später wird dieselbe Spannung ebenso deutlich an Petrus gezeigt werden. Doch zuerst wird sie an diesem namenlosen Jünger gezeigt, den ich deshalb Unbekannter Petrus nenne.