Da hat also ein „Mann“ in Berlin ein Kind bekommen (Geier berichtet), und nun stellt sich die Frage, welches Geschlecht dieses Kind hat. Ich verstehe die Aufregung nicht. Wieso muß denn bitteschön überhaupt ein Geschlecht festgelegt werden? Ändert das in unserer Gesellschaft irgend etwas?  Und wie erzieht man jemanden als Jungen oder als Mädchen? Ich ging bisher immer davon aus, man erzieht Kinder als Menschen. Geht es etwa darum, daß Jungs kein rosa Spielzeug haben dürfen und Mädchen keine Latzhosen tragen?

Ganz ehrlich: Ich kapier es nicht. Was verlieren wir, wenn wir nicht mehr von vorn herein festlegen, welches Geschlecht ein Mensch hat?

Was ich auch nicht verstehe ist, was „homosexuelle Propaganda“ sein soll. Um die geht es später im Artikel, als der Geier darlegt, wie viele Berliner sich täglich Gedanken über die Homosexuellen in Moskau machen. „Homosexuelle Propaganda“ ist also gegenüber Kindern in Rußland verboten. Was schließt das ein? Darf man Kindern nicht sagen, daß es Homosexuelle gibt? Darf man Kindern nicht sagen, daß diese Menschen auch Rechte haben? Darf man Kindern nicht sagen, daß die Homosexuellen ihre Zuneigung zum eigenen Geschlecht genauso natürlich haben wie Heterosexuelle ihre Zuneigung zum anderen Geschlecht?

So lange ich das nicht weiß, finde ich es schwierig, überhaupt darüber zu reden. Der Geier erklärt es in seinem Artikel jedenfalls nicht.

Was ich durchaus nachvollziehen kann ist die Angst des Geiers vor weiteren Toiletten in Kreuzberg, also neben Männlein, Weiblein und unisex dann noch INtersexuell, Transsexuell und was weiß ich…

Mein Vorschlag: Nur noch eine für alle: Pissoirs abreißen, alle können sich hinsetzen (ist auch sauberer!) und da es nur noch Kabinen gibt, wird es egal sein, wie es in der Hose der jeweiligen Toilettengänger aussieht.

Ich kann ja das Befremden über gewisse Vorgänge in Berlin verstehen. Ich wunder mich auch immer mal wieder, allerdings eher wenn es um religiöse Fragen geht, nicht bei kulturellen Fragen wie den hier verhandelten. Wie gesagt: Ich sehe das Problem nicht. Einzig vielleicht, daß wir unser festgefahrenes Denken aufgeben müssen, daß nur Frauen Kinder gebären können und daß Jungs auf Bäume klettern und Mädchen mit Puppen spielen. Ist das wirklich so schwer?

Comments

Comment by Roman on 2013-09-13 11:29:14 +0100

Hm – also keine Unterschiede zwischen Männlein und Weiblein (bis auf das doofe Problem der biologischen Differenzierung … vielleicht bekommt das die Wissenschaft auch endlich mal in den Griff)?

Ich weiß nicht … natürlich können „Typisch Männlich“ oder „Typisch Weiblich“ nur Kategorien sein, die sich kulturgeschichtlich entwickelt haben. Aber selbst WENN – ist es deswegen notwendig, alles über Bord zu werfen? Gleichberechtigung ist gut (und WICHTIG) – aber muss man unbedingt das Kind mit dem Bad ausschütten?

Comment by De Benny on 2013-09-13 13:07:15 +0100

Wer sagt denn, daß die biologische Differenz nervt? Ich jedenfalls bin mit allem voll zufrieden. Aber muß ich deshalb ein Problem damit haben, wenn der Staat das Geschlecht nicht mehr erhebt, wenn Männer Kinder kriegen etc? Nein, ich meine nicht.

Mir wäre es lieb, wenn man die ganze Sache mit etwas weniger Krampf angehen könnte. Was ist so schlimm daran, wenn es nur noch eine Toilette gibt? Was ist so schlimm daran, wenn ich nicht mehr weiß, ob mir gegenüber nun ein Mann oder eine Frau sitzt? Und was, wenn es sich um einen Zweigeschlechtlichen Menschen handelt? Oder wenn er gar kein Geschlecht hat? Es gibt ja durchaus mehrere Variationen in der Natur, denen uach unser bipolares Mann-Frau System nicht gerecht wird. Wieso also nicht einfach die Geschlechterkategorien abschaffen? Was bringen sie uns? Und wieso schüttet man damit das Kind mit dem Bad aus?

Comment by Geier on 2013-09-15 08:34:34 +0100

Natürlich: Für sich genommen hat die Berliner Toilettenposse wenig Aussagekraft. Aber sie ist ein Indiz, eines unter erschreckend vielen, und wenn man die Aussagen von Grünen und Piraten dazu liest, kann man sehen, daß sie sich nicht nur zufällig, sondern absichtlich gegen die Geschlechterdualität richtet. Gott hat gesagt: Männlich und weiblich schuf ich sie (1. M. 1, 27). Grüne und Piraten (und nicht nur diese) sagen: Wir schaffen den androgynen Menschen. Das ist eine direkte Rebellion gegen die Schöpfungsabsichten Gottes und kann nur in Chaos und Zerstörung enden. Und deswegen ist es berichtenswert.

Comment by De Benny on 2013-09-15 10:19:05 +0100

Danke für Deinen Kommentar. Wenn Du biblizistisch an die Sache rangehen willst, hab ich daran nicht mehr viel auszusetzen, außer der biblizistischen Herangehensweise. Denn obwohl in Gen 1,27 steht, daß Gott den Menschen als Mann und Frau erschuf, sehe ich beim Blick in die Welt, daß dem mitnichten so ist.
Es gibt durchaus Menschen, die mit verschiedenen oder unklaren Geschlechtsmerkmalen geboren wurden. Soviel zur materiellen Ebene. Dann gibt es diejenigen, die sich aus welchen Gründen auch immer in ihrem Körper unwohl fühlen. Sie werden vielleicht von anderen in eine Geschlechterkategorie einsortiert, aber das entspricht nicht ihren Gefühlen und Bedürfnissen. Man kann jetzt hingehen und das „krank“ nennen oder sonstwie. Aber damit bessert man nichts, weder für die Betroffenen noch für sich selbst. Außer vielleicht, daß man am bipolaren Geschlechterverständnis festhalten kann.
Sowei ich Piraten und Konsorten verstehe, sagen die nicht: Wir schaffen den androgyynen Mensch, sondern: Hoppla, das traditionelle Geschlechtersystem paßt nicht auf alle Situationen. Was können wir tun, um das System zum Wohle aller so weiterzuentwickeln, daß es allen oder jedenfalls mehr Menschen gerecht wird?
Damit hab ich kein Problem. Ich könnte sogar versucht sein, darin gelebte Nächstenliebe zu erkennen.
Welche Absichten Gott mit der Schöpfung verfolgte weißt Du nicht und weiß ich nicht. Freilich spekuliert jeder in die ein oder andere Richtung. Chaos und Zerstörung ist IMHO die Konsequenz der Sünde. Und Sünder sind wir alle. Also entweder das Chaos kommt, weil wir Unisex Toiletten schaffen, oder das Chaos kommt, weil wir nicht auf die Nöte derer eingehen, die nicht in das Überkommene Geschlechtersystem passen. Nicht auf jemandes Nöte einzugehen erscheint mir liebloser als möglicherweise irgendwelche statischen Regeln ohne erkennbaren Sinn zu ignorieren. Rebelliere ich damit gegen Gott? Vielleicht, aber in Gottes Namen. Womöglich ist das so einzuschätzen wie das Ährenrauffen oder das Heilen am Sabbath. Der Sabbath ist für den Menschen da (und gehört laut Gen 1 doch zur Schöpfungsordnung), wieso nicht auch die Geschlechtereinteilung?