Bei Jörg stieß ich auf einen Artikel, in dem es um Feindbilder geht. Und darum, wie diese oftmals unser Denken auf völlig falsche Bahnen lenken. Konkret spricht er von Wolgadeutschen und Pfingstlern, und beim Lesen merke ich: Ja, ich habe auch so das ein oder andere Feindbild, wobei, nein: Feind ist ein zu starkes Wort, aber trotzdem: Vorbehalte gegen gewisse Gruppen sind es mindestens.

Man beraubt sich mit diesen Feindbildern der Möglichkeit, den anderen kennenzulernen. Man meint vielleicht, ihn sowieso schon zu kennen, auch wenn man seine Beweggründe, seine Geschichte gar nicht kennt. Das führt dann dazu, daß Gruppen entstehen, die einander aus dem Weg gehen.

Jeder Mensch ist individuell anders. Niemand ist mit einem anderen in jedem Punkt völlig einer Meinung (und wenn doch ist es eher ein Zeichen für eine Erkrankung als daß es normal wäre). Grenzte man sich gegen alle Menschen ab, mit denen man nicht übereinstimmt, würde das zu immer kleineren Gruppen und schließlich zur Vereinsamung führen.

Freilich kommt es nicht so weit. Auf gesamtgesellschaftlicher Ebene zumindest. Der Mensch ist trotz allem ein soziales Wesen. Und auch die Konzentration auf das Individuum seit der Aufklärung, die Formulierung individueller Rechte und Freiheiten hat noch nicht dazu geführt, daß die Gesellschaft vollends vereinsamt. Aber die Tendenz besteht.

Mir – und wahrscheinlich jedem Menschen – geht es ja so, daß ich vor allem sehe, was mich überzeugt, sei es nun im zwischenmenschlichen Bereich, politisch, theologisch, im Gespräch mit den Menschen oder im Gebet mit Gott, beim Lesen von Texten wie Bibel oder auch der Tageszeitung…

Und ich bemerke bei mir ein Bedürfnis, mich abzugrenzen gegen das, was mich nicht überzeugt, und manchmal benenn ich das auch (wer hier öfter liest kriegt nen Eindruck davon), während ich das, was mich überzeugt nach der genannten kritischen Prüfung versuche, in mein Denken zu integrieren.

Manchmal hab ich auch das Gefühl, ziemlich alleine dazustehen (nicht nur, weil mein Blog nicht so oft angesurft wird), aber das macht weniger etwas. Schwieriger finde ich es, wenn solche Abgrenzungen sich dann zu Feindbildern verfestigen, und man den Kontakt zu denjenigen Menschen, die diese anderen Ansichten vertreten, die einen selbst nicht überzeugen und die man vielleicht auch für schlicht falsch hält.

Da weist dann ein Artikel wie der von Jörg in die Richtige Richtung. Oder der von Rolf, in dem es darum geht, daß die Menschen eben verschieden sind und es auch sein können und trotzdem zusammen in einer Gemeinde Gott loben und verkündigen können.

Ich meine, das ist auch eine wunderbare Möglichkeit zur eigenen Korrektur, denn auch wenn ich versuche, die Dinge zu durchdenken, kann ich nciht sagen, daß ich dabei keine Fehler machen würde. In der Gemeinde kann ich durch diejenigen, die anders denken, auf meine eigenen Denkfehler aufmerksam gemacht werden. Auch und gerade durch diejenigen, zu denen ich ein Feindbild habe, wenn ich dieses Freund-Feind-Denken überwinde, und ihnen zuhöre, auch wenn ich ihren Ansichten meist recht wenig abgewinnen kann.

Wir sind als Menschen nun einmal fehlbar, da ist es doch im eigenen Interesse, sich fortwährend immer breit zu informieren und in viele Richtungen zuzuhören. Auch wenn es manchmal anstrangt denek ich, daß man letztendlich dabei gewinnt. Und schließlich sollen wir ja alle eins sein, und nicht jeder für sich.