Irgendwie häufen sich grade die Psalmverse. Auch heute ist’s wieder einer:
Unser Leben währet 70 Jahre und wenn’s hoch kommt, sind’s 80 Jahre, und was daran köstlich scheint, ist doch nur vergebliche Müh‘ (Ps. 90,10)
Mir klang dieser Vers ein wenig pessimistisch und ich habe deshalb mal andere Übersetzungen nachgeguckt. Da heißt es dann:
Unsre Lebenszeit – sie währt nur 70 Jahre, und, wenn’s hochkommt, sind’s 80 Jahre und ihr Stolz ist Mühsal und Nichtigkeit.
Während etwas, das „köstlich“ ist oder doch zumindest so scheint, doch im allgemeinen als positiv empfunden wird und es befremdet, das so abgewertet zu sehen, sieht das bei „Stolz“ anders aus. Ich will nicht bestreiten, dass es Situationen gibt, in denen man zurecht stolz auf etwas Erreichtes ist. Doch es kommt eben auch vor, dass wir stolz auf falsche Dinge oder Situationen sind. Im Hinblick darauf ist es gut, sich vor Augen zu führen: Auch diese Dinge werden vergehen – doch ohne uns die Freude über das nehmen zu lassen, worauf wir mit Recht stolz sind. Denn die Kehrseite von zuviel Stolz ist, dass wir alles als selbst-verständlich hinnehmen.
Worauf war ich zuletzt stolz?
Wo habe ich etwas als selbstverständlich hingenommen – obwohl es Grund gab, stolz darauf zu sein?