Da Bonifatz auf dem Weg in den wohlverdienten Urlaub (nennt man das so? Darf ich sagen, wo Du hinfährst?), versuch ich mich mal ein wenig beim Wort zum Tag. Ich hoffe, ich kann der Aufgabe gerecht werden.
Der heutige Losungstext steht in 2. Chr 14, 10:
HERR, es ist dir nicht schwer, dem Schwachen gegen den Starken zu helfen.
„Steht in“ ist wörtlich zu verstehen. Der Vers ist eigentlich länger. Doch möchte ich auch den Lehrtext mitbenutzen, den die Herrnhuter den Losungen hinzfügen. Dieser steht heute in Philipper 4, 19:
Gott, dem ich diene, wird euch alles geben, was ihr braucht, so gewiss er euch durch Jesus Christus am Reichtum seiner Herrlichkeit teilhaben lässt.
Ja, das ist kein Luthertext, das ist Gute Nachricht. Irgendwie versteh ich nicht ganz, wieso die den zweiten Halbsatz so übersetzen. Macht nix, hier noch einmal den Luthertext:
Mein Gott aber wird all eurem Mangel abhelfen nach seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christus Jesus.
Traditionell gesehen
Traditionell ist es ja so, daß der Lehrtext die Losung auslegen soll. Während der Losungstext tatsächlich gelost wird, ist der Lehrtext dazu eine bewußte Auslegung. Und wenn man den AT Satz alleine hat, braucht man die vielleicht auch. So viel gibt der alleine nicht her. Gut, wir wissen daraus, daß Gott dem Schwachen gegen den Starken helfen kann, daß es Ihm nicht schwer fällt.
Aber sonst? Sonst gar nix. Kein Wort dazu, ob Gott das überhaupt vorhat, oder ob Er vielleicht das Gegenteil verfolgt, ob es Gott egal ist und erst motiviert werden soll, z dem Schwachen zu stehen.
Durch den Lehrtext erfahren wir: Gott wird uns geben, was wir brachen. Er wird unserem Mangel abhelfen.
Den Blick weiten
Ich bin ja immer etwas skeptisch, wenn Verse so as dem Zusammenhang gerissen werden. Wie ist das nochmal beim Kontext vom Losungsvers?
Es geht um den König Asa von Juda. Er gehört zu denjenigen, die gelobt werden, weil sie die Verehrung anderer Götter unterbinden. Zumindest am Anfang seiner Regierungszeit (das blieb nicht immer so, aber darm geht es heute nicht) gehört er klar zu den gottgefälligen Königen Judas. Er lebt ruhig im Lande, es gibt keinen Krieg, und er nutzt die Zeit, um die Verteidigungsanlagen auszubauen.
Dann bricht Krieg aus. Die Kuschiter unter Serach fallen ins Land ein. Es ist die Rede von einer Million Soldaten und dreihundert Streitwagen. Dem gegenüber sehen die 580.000 Mann Asas recht mickrig aus.
Sicher sind diese Zahlen übertrieben (welche moderne Armee hat schon 1 Mio Soldaten? Nicht viele!), aber klar wird: Da kommen jede Menge Feinde und man hat nr etwa die Hälfte an Männern entgegenzusetzen. Eigentlich eine ausweglose Situation. Was tut Asa? Er zieht dem feindlichen Heer entgegen, ruft Gott an, und dann kommt der Losngstext: Es ist Dir nicht schwer, dem Schwachen gegen den Starken zu helfen.
Es geht hier nicht um irgend eine theoretische Aussage über Gottes Möglichkeiten. Es handelt sich um die Einleitung zu einem Hilferuf an Gott in der Bedrängung. Denn der Vers geht weiter:
Hilf uns, HERR, unser Gott; denn wir verlassen uns auf dich, und in deinem Namen sind wir gekommen gegen diese Menge. HERR, du bist unser Gott, gegen dich vermag kein Mensch etwas.
Darum geht es im Grunde: Du bist stark genug zu helfen, also hilf! Und was passiert? Die Kschiter werden vernichtend geschlagen. Keiner überlebt, die Judäer plündern und machen große Beute.
Das ist zwar jetzt nicht politisch korrekt, aber darum geht es gar nicht. Der Punkt ist: Asa wird bedroht, Asa vertraut auf Gott, das Unmögliche geschieht, die Gefahr wird in einen Segen verwandelt für Asa und die Judäer: Sie machen reichlich Beute.
Wie stand noch bei Philipper? „Mein Gott wird all Eurem Mangel abhelfen“.
Und was ist der Kontext dieses Textes? Paulus beschriebt, wie er von den Philippern finanziell unterstützt wurde. Er habe keinen Mangel gehabt, aber es sei gut gewesen, daß sie ihm etwas schickten, da er nun Überfluß habe. Und dann kommt der Lehrtext: Der Mangel, der durch die Gaben an Paulus entstanden wird durch Gott ausgeglichen werden.
So hängen beide Texte durchaus miteinander zusammen, denn beide thematisieren Gottes Hilfe für den, der Mangel leidet (ob finanziell oder an Soldaten), aber es gibt auch Unterschiede. Denn während Asas Sieg über die Kuschiter berichtet wird, also Gottes Hilfe konkret beschrieben wird, spricht Paulus nur davon, daß das Ausgleichen des Mengels geschehen wird. Berichtet wird es uns hier nicht.
Insofern ist der Lehrtext zwar ein Hinweis für das Verständnis, das Lesen der ganzen Geschichte von Asa dient dem Verständnis aber mehr.
Es ist also durchaus sinnvoll, wenn Bonifatz die Lehrtexte wegläßt, und lediglich die Losungstexte behandelt.