Hm, eigentlich sollte der schon längst veröffentlicht sein. Naja, dann eben jetzt

(1aUnd Hanna betete und sprach: Mein Herz ist fröhlich in dem HERRN, mein Haupt ist erhöht in dem HERRN. 1bMein Mund hat sich weit aufgetan wider meine Feinde), 1c denn ich freue mich über deine Hilfe.

Der eigentliche Losungstext ist nur V. 1c, genau genommen nur „Ich freue mich über deine Hilfe“. Wer Gottes Hilfe erfährt, kann sich wirklich freuen. Ich finde, man erfährt die ganze Tragweite dieses Satzes in diesem Zusammenhang nur, wenn man um die Vorgeschichte weiß.

Hanna ist eine Frau Elkanas. Dessen andere Frau, Pennina, hat Kinder, Hanna dagegen ist kinderlos, weil der HERR ihr den Leib verschlossen hat und ist darüber tief verzweifelt. Bedenkt man, wie wichtig damals Kinder für das Ansehen einer Frau waren, ist das nur zu verständlich. Elkana aber liebt Hanna trotz ihrer Kinderlosigkeit. Er gibt ihr bei der jährlichen Opfermahlzeit die erste Portion des Opfer-mahles. Für ein gutes Verhältnis zwischen Pennina und Hanna ist dieses Verhalten nicht förderlich, Hanna wird von Pennina gemobt. Sie weint, sie isst nicht. Die Feiertage werden ihr zur Qual, von Widerworten lesen wir nichts, Hanna scheint sprachlos angesichts des Mobbings.

In ihrer Verzweiflung wendet sie sich im Gebet an JHWH. Wenn dieser ihr einen Sohn schenke, werde sie diesen in seinen Dienst treten lassen und ihn so dem HERRN zurückgeben.. JHWH erfüllt ihre Bitte und nachdem sie ihren Sohn Samuel entwöhnt hat (was in Israel bis zu drei Jahre dauern konnte), bringt sie ihn zum Tempel und gibt ihn in die Obhut des Priesters Eli, um ihn wie angekündigt dem HERRN zurückzugeben. Die ganze Erzählung könnt ihr hier nachlesen. Das Gebet, aus dem der Losungstext stammt, spricht Hanna unmittelbar, nachdem sie Samuel in Elis Obhut gegeben hat.

Hanna wird hier als eine Frau gezeigt, die sich in Kummer (1. Sam. 1, 11-18) und Freude 1. Sam 2, 1-9) gleichermaßen an JHWH wendet. Sich in Kummer und Freude im Gebet an JHWH zu wenden, verändert ihr Leben. Ich finde es zwar schwierig, dass sie JHWH einen Handel anbietet: „Gibst du mir ein Sohn, gebe ich ihn in deinen Dienst.“ Doch das konsequente Beten in Kummer und Freude beeindruckt mich. Ihre Bitte um einen Sohn, ihr Gebet, hat zur Folge, dass sie sich freuen kann, denn sie bekommt einen Sohn. Und die Folge dieser Freude? Davon lesen wir in 1. Sam 2, 1: Ihr Mund hat sich weit aufgetan wider ihre Feinde, denn sie freute sich über seine Hilfe. Die Freude beendet ihre Sprachlosigkeit.

Es ist verständlich, dass sich eine Mutter freut, wenn sie ein Kind bekommt. Es ist auch noch nachvollziehbar, dass die Geburt eines Kindes Sprachlosigkeit beendet. Doch die Situation, in der Hanna hier ihrer Freude Ausdruck verleiht, ist schon bemerkenswert. Sie hat gerade ihren Sohn in die Obhut Elis im Tempel von Silo gegeben. Aus dem Text erfahren wir, dass Elkana einmal jährlich in Silo opferte. Vermutlich war dieses jährliche Opfer auch das einzige Mal im Jahr, dass Elkana und seine Familie nach Silo kamen, d.h. Hanna muss damit gerechnet haben, dass sie ihren Sohn in Zukunft nicht mehr allzu häufig sehen wird. Angesichts dessen trotzdem von der Freude über ihren Sohn zu sprechen zeigt, wie groß diese Freude sein muss.

Comments

Comment by Christopher on 2012-02-25 19:27:58 +0100

Dieses Handeln mit Gott um seine Gunst und Hilfe wäre bestimmt mal eine interessante Untersuchung wert. Das erinnerte mich etwas an Jeftah in Ri 11,30-40. Unter dem eigenen Kind scheint der Preis hier nicht liegen zu dürfen …

Comment by Bonifatz on 2012-02-25 20:50:00 +0100

Das Handeln der Menschen mit Gott ist sicher ein interessantes Thema. Dieses Motiv gibt es auch schon bei Abraham und Mose.
Beim Vergleich zwischen Ri 11, 30-40 und dieser Geschichte muss ein wichtiger Unterschied gesehen werden.
Soweit ich weiß, gehen einige Kommentatoren davon aus, dass es einen Brauch gab, dem siegreich Heimkehrenden Tiere entgegen zu schicken, ich glaube, als eine Art Willkommensgruß. Als Jeftah vor Gott das Gelübde ablegt, rechnet er nicht im Entferntesten damit, dass es seine Tochter sein wird, die ihm entgegenkommt. Das wird auch daran deutlich, wie entsetzt Jeftah reagiert, als sie ihm entgegenkommt. Es ist also hier nicht so, dass er Gott vor dem Sieg explizit seine Tochter als Opfer verspricht, sondern es durch eine Verkettung unglücklicher Umstände erst dazu kommt, dass sie das Opfer wird. Hier wird also vonseiten des Vaters nicht das eigene Kind gegen Gottes Gunst und Hilfe getauscht.
Aber dennoch stimmt es, dass das Handeln der Menschen mit Gott um Gunst und Hilfe sicher ein interessantes Thema ist.

Comment by Bundesbedenkenträger on 2012-02-26 08:07:34 +0100

Das mit den Tieren entgegenschicken kannte ich gar nicht. Also liegt es wohl daran, daß Jeftah großspurig davon ausgeht, groß empfangen zu werden. Wobei ich mich irgendwie daran erinnere, daß im hebräischen Text unklar ist, ob die Tochter wirklich getötet wird, oder ob sie sozusagen als Gottgeweihte lebt, ohne zu heiraten etc.

Comment by Robin on 2012-03-04 17:43:45 +0100

Super Blog, gefaellt mir sehr.