Versammle mir das Volk, dass sie meine Worte hören und so mich fürchten lernen alle Tage ihres Lebens auf Erden und ihre Kinder lehren.
Auf den ersten Blick wirkt diese Losung sehr erschreckend. Gott fürchten wird schnell als „Angst vor Gott haben“ verstanden – was kein gutes Licht auf die Beziehung zwischen Gott und Mensch wirft. Doch die Rede ist hier nicht von dem „Grundgefühl Angst“, sondern von etwas, das mit dem Verstand erschlossen werden kann, wie die Forderung zeigt, die Furcht zu lernen. Es soll gelernt werden, Gott zu fürchten, d.h. Gottesfurcht soll erlernt werden. Die Gottesfurcht meint das Wissen um die Größe und Verehrungswürdigkeit Gottes, seines Ganz-anders-seins. Bei aller Nähe Gottes, die er ermöglicht, muss uns sein Ganz-anders-sein bewusst bleiben. Denn dann erleben wir die Nähe Gottes nicht als etwas selbstverständliches, dem gegenüber wir irgendwann gleichgültig werden, sondern als Geschenk, über das wir uns Tag für Tag freuen können. So kann uns die Losung mit ihrer Erinnerung an die Gottesfurcht nicht zur Quelle der Angst, sondern der täglichen Erinnerung an die Freude über die Nähe Gottes werden.