Entschuldigung für die Ausdrucksweise, aber es beschreibt den Vorgang nun mal ziemlich gut in seiner Stärke. Schon seit längerem kommentiere ich ja auf einem Blog für Atheistische Selbstvergewisserung mit und störe die Vergewisserung ein wenig, wo sie unbegründet ist. Jedenfalls hoffe ich das. Dabei geht es nicht ohne Aufreger ab. Beiderseits. Und immer wieder der Vorwurf, was „die Kirche“ nicht so alles täte.
Gerne immer wieder genommenes Beispiel (neben anderen): Die Stellung zur Homosexualität bzw. der Umgang mit Homosexuellen. Nun müßte ich schon ziemlich weltfremd sein, wenn ich behaupten würde, daß „die Kirche“ hier gar kein Problem hätte. Selbst wenn man die römische Kirche bei Seite läßt – ich bin kein Römer, deshalb misch ich mich da ungern ein – auch bei uns Protestanten gibt es da antischwule Tendenzen, und zwar nicht nur in den Freikirchen!
Ich hatte dazu ja schonmal was geschrieben. Macht nix, ist ja alles auch schon ne Weile her. Heute nun stieß ich auf einen Blog, der dem Thema „schwule Pfarrer“ ne eigene Seite gewidmet hat, die über das Menu zu erreichen ist.
Beim überfliegen des restlichen Blogs hatte ich den Eindruck, der Blogbetreiber mag in mancherlei Hinsicht eine andere Ansicht als ich haben, sein Glaube scheint ihm aber so ernst zu sein wie mir, und so kann sich vielleicht ein Austausch unter Geschwistern entwickeln, der nicht zu dem Arschplatzen führt wie im Gespräch mit einigen Atheisten.
Der Artikel ist sehr lang, und deshalb werde ich versuchen, Stück für Stück die Argumente entlang zu gehen und meine Meinung dazu schreiben, ohne groß auf die Bewertungen einzugehen, die da sonst noch stehen. Das wird mehrere Beiträge in Anspruch nehmen, da der Text sonst viel zu lange wird. Hier nun das erste Argument und die Auseinandersetzung mit den Grundlagen:
Für die christliche Kirche kann niemals entscheidend sein, was Staat oder Gesellschaft zu einem Thema sagen, sondern nur was die Hl. Schrift dazu sagt.
Dieser Punkt ist richtig. Oder nicht richtig, je nachdem, wie man ihn versteht. Was der Staat zu einem Thema sagt kann für die Kirche kein Kriterium sein. Wäre dies der Fall, so könnte der Staat die Kirche ersetzen. Der Staat wäre Verkündiger der Wahrheit, so wie man das etwa in den Ostblockstaaten erlebt hat.
Gleiches gilt für die Gesellschaft. Die Gesellschaft hat sowieso nie mit einer Stimme gesprochen, und am lautesten sind häufig die falschesten Stimmen, die leider auch am einfachsten formulierte Lösungen bieten, was viele Menschen dann unreflektiert wiederholen. Auch die Gesellschaft kann nicht Kriterium für die Kirche sein, sie ist fehlbar wie der Staat.
Wie ist es nun mit der Bibel? Kann sie ein Kriterium sein? „Ja“, höre ich es schon allenthalben rufen und möchte fast einstimmen: „Ja, denn die Bibel enthält Gottes Wort, an dem wir uns als Christen und als Kirche ausrichten sollen.“ Doch der Ruf bleibt mir im Halse stecken. Mit der Bibel wurden Kriege, Sklaverei, Kolonialismus, kurz, Unterdrückung in allerlei Gestalt gerechtfertigt.
Bevor ich also lauthals in den Ruf einstimme, muß ich mir überlegen: Wieso hat das geklappt? Wieso konnte die Bibel für Derartiges mißbraucht werden? Und ich muß mir in Erinnerung rufen: Auch ich bin ein Sünder und grundsätzlich ohne weiteres in der Lage, auch ohne es zu wollen, die Bibel falsch zu interpretieren und somit zu mißbrauchen, was dann unweigerlich Folgen haben wird, so wie auch die früheren Mißbräuche Folgen hatten.
Ich muß also fragen:
- Was war die Ursache für die Mißbräuche damals?
- Wie hätte damals ein Mißbrauch des Textes verhindert werden können?
- Wie wende ich diese Erkenntnis auf die heutige Situation an, um nicht den Fehler von damals zu wiederholen?
Fragt man nach den Ursachen für den damaligen Mißbrauch, so sind wohl zwei Dinge zu nennen:
- Ein von Bibel und Glauben unabhängiges Interesse am Mißbrauch.
- Das Herausreißen von Bibelversen aus dem Kontext, ohne das Ganze der Bibel zu betrachten.
Für die Verhinderung folgt dann, daß man sich zuerst seines Interesses gewahr geworden wäre. Wenn ich an der Sklaverei Geld verdiene, wenn ich auf Sklaven angewiesen bin, oder wenn ich auch nur aus welchen Gründen auch immer, Menschen anderer Hautfarbe als minderwertig ansehe, dann beeinflußt dies mein Bibellesen.
Wir können uns nun heute hinstellen und sagen: Jaha, wir sind ja aber modern, wir hängen ja nicht mehr solchen altmodischen Ansichten an. Und schon beruft man sich auf die Gesellschaft, die ja anfangs als Kriterium ausgeschlossen wurde.
Ich meine dagegen vielmehr: Solche Interessen, wie oben genannt, kommen von der Sünde, von der Trennung von Gott. Da wir alle ohne Unterschied Sünder sind, wäre es Hybris zu behaupten, wir könnten heute nichts mehr falsch machen. Die Gefahr, daß der Zeitgeist sich in unsere Bibelauslegung einschleicht, besteht also weiterhin. Zumindest für den Fall, daß wir keine unfehlbaren Nichtsünder sind. Wären wir perfekt, könnten wir solche unbewußten Eigeninteressen beim Auslegen der Bibel ausschließen.
Was kann uns dabei helfen? Nun, es würde schon helfen, wenn wir nicht einzelne Bibelverse betrachteten, sondern auch anderslautende Verse zu Rate zögen, und die bereits vorliegenden Verse im Kontext betrachteten. So hätten wir ein stärkeres Korrektiv aus der Bibel selbst.
Dabei müssen wir beachten, daß die Bibel geschrieben wurde zu einer Zeit, die der unsrigen nicht sehr ähnlich ist. Ach damals gab es einen Zeitgeist, und auch damals mußten die Leute damit umgehen. Es gibt nun die verschiedensten Vorstellungen, wer denn Autor der Bibel wäre: Gott höchstselbst, Autoren, die alles von Gott in die Hand diktiert bekamen, Autoren, die durch Gott wie auch immer inspiriert waren oder ganz einfache Menschen, deren Texte warum auch immer überliefert wurden.
Da wir die Frage stellen, an wen sich die Kirche halten muß, können wir für die Bibel zumindest ausgehen, daß sie irgend etwas mit dem Gott der Kirche zu tun hat, daß sie eine Autorität ist, wieso auch immer.
Was wir weiterhin annehmen müssen, ist, daß sie auch zu alten Zeiten verstanden wurde. Die Bibel wäre überflüssig gewesen, wenn ihr Text zwar vor 2000 Jahren und früher entstanden wäre, sie aber den Menschen damals nichts zu sagen gehabt hätte, sondern nur uns modernen Menschen heute.
Die Aussagen müssen also in der damaligen Kultur schon verständlich gewesen sein. Wollen wir also eine gewisse Sicherheit gewinnen beim Auslegen der Bibel, so kann es nicht verkehrt sein, zu sehen, wie der Text wohl in seiner Entstehungszeit gewirkt hat. Demjenigen, der Gott für den Autor hält, kann dies nicht zuwider sein, denn er geht von einem ewig gültigen Wort aus, das auch damals galt. Dem liberaleren Christen kann es Recht sein, weil dies die Methode der historischen Kritik ist, die er auch an der theologischen Fakultät lernt.
Wir haben uns also unterhalten über die eigenen Interessen, die einem nicht zwingend bewußt sein müssen, wir sprachen über die Beachtung der Verse im Kontext sowie die Berücksichtigung der ganzen Bibel, und wir sprachen darüber, die Texte möglichst im Verständnis der Entstehungszeit zu begreifen.
Hierbei kann es zu Auseinandersetzungen kommen, wann genau ein Text geschrieben wurde, also was genau der Kontext ist. Auf diese Fragen ist dann im Einzelnen einzugehen.
Wenn wir nun all dies bedacht haben, haben wir dann den Willen Gottes erfahren? Oder bedarf es noch eines Schrittes? Wenn wir nun herausgearbeitet haben, daß ein bestimmter Vers in einer bestimmten Situation so und so verstanden wurde, wissen wir dann, was wir heute zu tun haben? Oder wenn wir mehrere Verse haben, die in unterschiedliche Richtungen weisen?
Wir können es nicht sicher wissen, deshalb bedürfen wir weiterhin des Gebets, der Gemeinschaft der Kirche und des Austauschs untereinander, und des Hörens auf unser Gewissen.
Der Geist mag wehen, wo ER will, das ändert nichts daran, daß Er uns verheißen ist. Darauf will ich vertrauen. Und wer jetzt fragt: Wieso all das vorherige Bedenken, überprüfen und Bibel exegetisieren? – dem sei mit Paulus (1. Thess 5, 21) gesagt:
Prüft aber alles und das Gute behaltet.
Freilich kann man auch so beten und von Gott den Weg gewiesen kriegen. Dann brächte man aber nicht einmal die Bibel. Diese ganzen Überprüfungen dienen vor allem dem: Nicht die eigenen unbewußten Interessen (und damit den Zeitgeist) in die Auslegung der Bibel hineinbringen.
Comments
Comment by Ludwig Trepl on 2012-02-15 18:51:32 +0100
„Auch ich bin ein Sünder und grundsätzlich ohne weiteres in der Lage, auch ohne es zu wollen, die Bibel falsch zu interpretieren und somit zu mißbrauchen“.
Man kann sie auch richtig interpretieren und damit verwerfliche Taten rechtfertigen. Denn die Bibel enthält nun mal Falsches und Verwerfliches. Natürlich kann man versuchen, jeden, aber auch jeden verwerflichen Text (z.B. auch das Manifest des norwegischen Attentäters) so zu interpretieren, daß eine moralisch richtige Lehre herauskommt, aber dann gibt man völlig das Prinzip auf, daß man doch irgendwie auch die Auffassung des Autors treffen sollte. Kann man machen, aber dann sollte man nicht sagen „die Bibel sagt“. Nicht die Bibel sagt es, sondern der gute Mensch, der sie interpretiert.
Natürlich müssen wir annehmen, daß die Bibel „auch zu alten Zeiten verstanden wurde“; schief ist nur das „auch, sie wurde eher verstanden als heute, wie sollte es denn anders sein. Und wenn die Leute meinten, man müsse die Ehebrecherin steinigen, weil das in der Bibel steht, dann haben sie die Bibel richtig verstanden. Sie haben aber nicht verstanden, daß der entsprechende Satz der Bibel ein verwerflicher Satz ist.
Die Bibel kann nicht deshalb „heilige Schrift“ genannt werden, weil in ihr nur Wahres steht und man das nur richtig zu interpretieren verstehen müsse. (Das nennt man „Biblizismus“; DAS ist dabei die wesentliche Frage, nicht, ob man sie buchstäblich glaubt oder dem Gesamtsinn nach). Wer das heute behauptet, kann nicht verlangen, daß man mit ihm diskutiert. Er sagt nämlich indirekt: Ich will nicht mir euch diskutieren.
Man muß die Sache umdrehen: Man könnte die Bibel eine oder gar die heilige Schrift nennen, weil in ihr – neben Unwahrem und Verwerflichem – auch bedeutende oder die bedeutendsten Wahrheiten stehen.
Comment by Bundesbedenkenträger on 2012-02-15 18:58:20 +0100
Deshalb habe ich ja auch auf die Übersetzung in die heutige Zeit hingewiesen. Wo die Steinigung der Ehebrecherin damals als Mittel der Wahl galt (nein, auch damals nicht „gut“) kann man heute fragen, was den Leuten damals am Ehebruch nicht paßte, ob das heute immer noch nicht paßt und wie man heute adequat (!) damit umgeht.
Ob in der Bibel nur „Wahres“ steht ist gar nicht so sehr der Punkt. Punkt ist, was wir rausholen. Und das sollte verantwortet sein. Auch und gerade vor Gott.
Comment by Rainer Braendlein on 2012-02-17 14:48:59 +0100
Sie sagten: „Auch ich bin ein Sünder und grundsätzlich ohne weiteres in der Lage, auch ohne es zu wollen, die Bibel falsch zu interpretieren …“
Das ist richtig. Die Kirche ist jetzt allerdings ca. 2000 Jahre alt und seit ca. 2000 Jahren wird die Bibel von hoch-begabten Lehrern der Kirche ausgelegt (z. B. Augustinus, Johannes von Damaskus, Athanasius, Luther, Bonhoeffer). Ich bin mir sicher, daß es momentan keinen Ausleger der Bibel auf dem Niveau des Athanasius oder Luther’s gibt. Wie auch immer, viele Schriften der Kirchenväter sind auch heute noch verfügbar (http://www.unifr.ch/bkv/). Die Kirchenväter mögen in einzelnen Punkten geirrt haben, doch gibt es Einigkeit über ein großes Spektrum von Hauptthemen, d. h. es gibt eine ganz bestimmte, korrekte Auslegung (Interpretation) der Bibel: Die Lehre der christlichen Kirche. Ich bin über Luther und Bonhoeffer eingestiegen.
Eine Lehre der „Alten Kirche“ war z. B., daß die sakramentale Taufe kein Freifahrschein in den Himmel ist, sondern der Ort in Raum und Zeit, wo man mit der Kraft ausgestattet wird, ein christliches Leben zu führen. Die Verantwortung des Christen ist es in diesem neuen Leben zu verharren, das heißt im Glauben. Nur wer den Glauben bewahrt, wir schließlich die himmlische Herrlichkeit ererben.
Kurz gesagt, wer seine eigene Auslegung der Bibel mit der Auslegung der Kirchenväter abgleicht, d. h. mit der guten, alten Lehre der christlichen Kirche, der kann das Risiko eines Irrtums auf ein Minimum begrenzen. Gut ist es natürlich auch die Hauptaussagen der Bibel als ganzes zu erfassen und einzelne Verse damit in Einklang zu bringen.
Comment by Bundesbedenkenträger on 2012-02-17 15:16:35 +0100
Kurz gesagt, wer seine eigene Auslegung der Bibel mit der Auslegung der Kirchenväter abgleicht, d. h. mit der guten, alten Lehre der christlichen Kirche, der kann das Risiko eines Irrtums auf ein Minimum begrenzen.
Mit den Kirchenvätern sprechen Sie einen wichtigen Punkt an (und danke für den Link, auch wenn ich ihn schon kannte – für die weiteren Leser hier ist er sicherlich interessant).
Sie bringen ein weiteres Korrektiv ein, wobei wir auch bei ihnen bedenken müssen, daß sie eben auch Menschen ihrer Zeit waren, so wie wir es sind.
Daß es eine bestimmte, korrekte Auslegung der Bibel gibt, bezweifle ich gar nicht einmal. Die Frage, die ich stelle, ist allerdings, ob wir als Menschen (und das schließt die Kirchenväter ein) diese Auslegung vollkommen korrekt herausarbeiten können, nabhängig vom jeweiligen Zeitgeist bzw der kulturellen Prägung. Und da meine ich, ganz klar nein sagen zu können und zu müssen.
Das muß auch kein Problem sein, denn wir haben immer noch Gott, der uns kennt, der nseren zeitgeist kennt, und der weiß, wie er uns was genau offenbaren muß, damit wir es adequat verstehen (wenn wir es auch nicht adequat selbst so ausdrücken können). Ich meine daß Gott für unser täglich Leben reicht. Doch haben wir Gott nicht verfügbar: Der Geist weht, wo er will.
Also müssen wir Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, um die Bibel nicht gegen Gott zu lesen, und somit de Bibel zu vergötzen. Denn nicht die Bibel ist unser Gott, sie ist ein Buch, wenn auch ein sehr besonderes.
Als Vorsichtsmaßnahmen haben mindestens wir das, was ich nannte: Bibelauslegung (inklusive historisch-kritischer Methode, aber nicht auf diese beschränkt), Gemeinschaft mit Mitchristen (deshalb ist das Gespräch so wichtig, was auch ein Anliegen dieses Artikels ist), „Gespräch“ mit der Tradition (also den Kirchenvätern und anderen wichtigen Stimmen), Wahrnehmen des Zeitgeistes in der jeweiligen Sitation sowohl im Bibeltext als auch bei Kirchenvätern und uns selbst. Und dann natürlich noch das eigene Gewissen, die eigene Gotteserfahrung. Aber alle diese Punkte können fehlerbehaftet sein, nicht wegen Gott, sondern wegen uns. Die zuerst genannten Punkte haben das Problem des Zeitgeistes. Das gilt für uns auch. Darüber hinaus stellt sich bei uns auch die Frage, ob unser Gewissen rein ist und nicht unterbewußt von eigenen Interessen geleitet, ob unsere Gotteserfahrung echt ist und nicht Hallzination (die es ja auch gibt).
Erst wo man all dies in Einklang bringen kann, kann man eine Aussage versuchen. Und natürlich kann man dabei immer noch irren. Deshalb möchte ich meinen Artikel auch nicht als negative Kritik an Ihrem Artikel verstanden wissen, sondern als Anfang eines Gespräches, in daß Sie per Kommentar oder per eigenem Artikel gerne eingreifen können. Ich würde mich sogar sehr freuen. Und gemeinsam können wir so dann weiterkommen. Ich hoffe, daß Sie dies nicht als Angriff verstehen, denn so ist es wirklich nicht gedacht. Ich werde ach nicht viel auf Kirchenväter eingehen, ganz einfach, weil ich da keine große Kenntnis habe. Ich bin aber über jeden Hinweis von Ihnen (und anderen) dankbar, der meine Artikel ins rechte Licht rückt.
Zu diesem Artikel habe ich momentan 4 Fortsetzungen geplant, die sich je mit einem eigenen Aspekt Ihres Textes auseinandersetzen sollen. Wann ich dazu komme, diese auszuarbeiten, ist noch offen, aber es sollte nicht zu lange dauern. Bis dahin Gottes Segen und vielen Dank für Ihren Kommentar.
Comment by Rainer Braendlein on 2012-02-17 15:33:33 +0100
Sie sagten:
„Wenn wir nun all dies bedacht haben, haben wir dann den Willen Gottes erfahren? Oder bedarf es noch eines Schrittes? Wenn wir nun herausgearbeitet haben, daß ein bestimmter Vers in einer bestimmten Situation so und so verstanden wurde, wissen wir dann, was wir heute zu tun haben? Oder wenn wir mehrere Verse haben, die in unterschiedliche Richtungen weisen?
Wir können es nicht sicher wissen, deshalb bedürfen wir weiterhin des Gebets, der Gemeinschaft der Kirche und des Austauschs untereinander, und des Hörens auf unser Gewissen.“
Das ist nicht richtig! Es gibt eine ganz bestimmte, klare Auslegung der Bibel: Die Lehre der christlichen Kirche. Die Lehre der christlichen Kirche ist ein Konsensus von vielen hoch-begabten, einzelnen Lehrern der Kirche und also glaubwürdig. Natürlich ist die Bibel selbst die höchtste Norm. Aber die Lehrer der Kirche haben ja gerade die Lehren ihrer Vorgänger immer wieder anhand der Bibel geprüft und für richtig befunden. Heute nach 2000 Jahren des Forschens und Prüfens kann es Unstimmigkeiten nur noch bezüglich marginaler Themen geben, aber nicht bezüglich der Hauptlehren. Noch zu berücksichtigen sind die Beschlüsse der ökumenischen Konzile (besonders Nicäa) und die Bekenntnisschriften der verschiedenen Kirchen (Augsburger Bekenntnis, Katechismus Luther’s, Schmalkaldische Artikel, …).
Beispiel: Jemand könnte behaupten die Bergpredigt sei nicht verbindlich für Christen. Dieses Thema hat Bonhoeffer ausführlich bearbeitet (siehe sein Buch „Nachfolge“) und herausgefunden, daß die Bergpredigt doch verbindlich ist für den einzelnen Christen. Die Bergpredigt ist nichts weiter als eine göttliche Auslegung der Thora bzw. des alttestamentlichen Gesetzes oder in anderen Worten: In der Bergpredigt erklärt Gott (Jesus) wie er sein Gesetz wirklich gemeint hat. Die Bergpredigt ist keine Verschärfung des alttestamentlichen Gesetzes, sondern das Gesetz war schon immer so gemeint. So gibt es z. B. eine Stelle in der Thora, wo man aufgefordert wird, dem Esel des Feindes, der unter einer Last zusammengebrochen ist, wieder aufzuhelfen. Ist das nicht die Feindesliebe der Bergpredigt? Oder Hiob sagt z. B. das er nie lüstern hinter einer Jungfrau hergesehen hat (Ich hatte einen Bund gemacht mit meinen Augen, dass ich nicht lüstern blickte auf eine Jungfrau) Paßt das nicht mit der Bergpredigt zusammen?
Jesus (Matth. 5, 17): „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen.“
Comment by Bundesbedenkenträger on 2012-02-17 15:50:21 +0100
Das ist nicht richtig! Es gibt eine ganz bestimmte, klare Auslegung der Bibel: Die Lehre der christlichen Kirche. Die Lehre der christlichen Kirche ist ein Konsensus von vielen hoch-begabten, einzelnen Lehrern der Kirche und also glaubwürdig.
Ich teile diese Auffassung nicht. Die Kirchenväter mögen ganz gte und wichtige Gedanken gehabt haben, aber sie waren eben Menschen wie wir, deren Sätze as dem damaligen Zeitgeist gelöst un in den hetigen Zeitgeist übersetzt werden müssen, damit wir sie verstehen. Denn unsere Probleme sind andere. Wir haben heute mit anderen Häresien zu kämpfen.
Noch zu berücksichtigen sind die Beschlüsse der ökumenischen Konzile (besonders Nicäa) und die Bekenntnisschriften der verschiedenen Kirchen (Augsburger Bekenntnis, Katechismus Luther’s, Schmalkaldische Artikel, …).
Was die Bekenntnisschriften angeht: Ich bin kein Lutheraner, insofern bin ich an CA, Lutherkatechismus, Schmalkalden und dam ganzen Konkordienbuch vor allem historisch interessiert. Aber gleiches gilt auch für die Kirchenväter. Sie haben in einer historischen Situation die Bibel ausgelegt. Und wir stehen heute in einer historischen Situation und müssen die Bibel für unsere Zeitgenossen auslegen. Da hilft es aber nciht, das Alte nachzusprechen. Wenn es damals regnete, hat es Sinn gemacht, wenn die Kirchenväter sagten: Spannt Eure Schirme auf. Und wenn das viele Kirchenväter sagten, dann hat es womöglich lange geregnet.
Wenn wir heute aber keinen Regen haben, osndern Hochwasser, dann helfen die Schirme nicht viel, dann sollten wir in die Boote steigen. Die Kirchenväter hätten sicher auch dazu aufgerufen. Deshalb bin ich der Meinung, wir müssen nachsehen, was die Kirchenväter in welcher Sitation taten, was die Bibeltexte in welcher Situation beschreiben und fordern. Übermorgen ist das Problem vielleicht eine Hitzewelle, da helfen weder Schirme noch Boote. Trotzdem gehe ich davon aus, daß Gott uns helfen will.
Ich verstehe Ihren Ansatz. Aber ich sehe das Problem, das auch die römische Kirche ein Stück weit hat, daß man nämlich vor lauter Autoritäten (mögen die nun Papst, Bonhoeffer oder sonstwie heißen) gar nicht mehr zu Gott selbst kommt. Damit wir uns verstehen: Bonhoeffer war ein großer Theologe, und auch die diversen Päpste haben immer wieder (manchmal leider auch nicht) gute Theologie betrieben. Aber beide sind nicht das Evangelium. Auch MT, MK, LK oder Joh sind nicht das Evangelium. Sie sind eine Form des Evangelium, jeweils ein Versuch, das Evangelium auszudrücken. Denn wie ich schon sagte: Ich glaube schon, daß es eine klare Botschaft der Bibel gibt. Ich glaube aber nicht, daß diese durch fehlerhafte Menschen ausdrückbar ist. Es würde auch nichts bringen, denn die Leser wären jedenfalls auch fehlerhaft und würden auch die klare Botschaft nur mißverstehen, wenn Gott ciht das Verständnis aufschließt. Gott schließt aber (nach meiner Erfahrung) nur einzelne Verse oder Stücke auf. Das reicht auch für uns. Mehr brauchen wir nicht, damit wir uns nicht „überheben“, wie Paulus schreibt.