Da haben die Humanisten mal nachgesehen und sind zu dem Schluß gekommen, die Kirche gebe lediglich 5% ihres Geldes für Soziales aus. Auch wenn es um die katholische Kirche geht, dürften die Zahlen bei den Protestanten wohl ähnlich sein, vielleicht mit Abweichungen im Detail.
Die These, die verbreitet wird, lautet. Wenn die Menschen wüßten, wozu die Kirche die Kirchensteuer benutzt, würden alle austreten. Denn 5% sind ja doch wenig. Doch Vorsicht: Was wird zu Grunde gelegt. Scheinbar geht es m die Finanzierung von Kindergärten, Krankenhäusern etc. Da diese Aufgaben des Staates übernehmen, ist es eigentlich folgerichtig, daß sie größtenteils vom Staat finanziert werden, und die Kirche nur einen geringen Teil der Kosten übernimmt, oder?
Nur: Wohin geht das Geld? Und: Ist es da so unsozial aufgehoben?
Ich hab nach etwas Suchen ne Seite zum Haushalt 2010 der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) gefunden (ein bißchen mehr Transparanz seitens der Kirchen in Bezug auf die Aufschlüsselung der Daten wäre wünschenswert, würde aber Mehrausgaben bedeuten, und die sind dann ja schon wieder nsozial). Da sieht man auf der Einnahmenseite erst einmal, daß die Einnahmen nicht nur aus Kirchensteuer bestehen, es ist also irreführend, wenn man irgendwelche Kirchenausgaben auf die Kirchensteuer alleine beziehen will.
Sieht man sich das Ganze an, dann stell man fest, daß 6,48% der Ausgaben an Dritte geht als Zuweisung und Zuschüsse. Sind das die 5%, die die Humanisten ausmachten? Kommt von der Größe her ja in etwa hin. Aber was ist da noch?
25,04% geht als Finanzausgleich an die Kirchengemeinde. Was ist das für Geld? Ist es sozial, oder asozial? Mir scheint es so, man berichtige mich, daß es sich hier um das Geld handelt, daß jede Kirchengemeinde der Landeskirche entsprechend ihrer Mitglieder zugewiesen bekommt, mit der sie ihre Ausgaben bestreitet.
Jetzt fragt man sich: Sind diese Ausgaben sozial? Dazu müßte man sich jede einzelne Kirchengemeinde ansehen, wofür die ihr Geld ausgeben. Wenn sie ihre Kirche renovieren, daß diese ihnen nicht über dem Kopf zusammenfällt, ist das teuer, auch wenn der Staat da mitfinanziert, wegen Kultur und so. Istd as aber Sozial, wenn die Kirche da Geld ausgibt? Jedenfalls ist es gemeinnützig, denn hier wird ja zumindest bei alten Kirchen auch Kulturgut erhalten.
Wie ist es bei den sozialen Diensten, an denen sich die Kirchengemeinden beteiligen? Diese werden auch aus der Gemeindekasse mitfinanziert, und das Geld kommt dann wieder aus den ca. 25%, wie alles, was die Kirchengemeinde selbst macht, vom Gemeindebrief bis zum Altennachmittag für Senioren etc. Dazu zählen dann auch Konzerte, die oftmals kostenfrei sind und in der Kirche stattfinden, die ihrerseits erst mal geheizt werden muß.
Was gibt es noch? 53,72% für Personalausgaben. Das sind dann wohl in erster Linie die Pfarrer. ist es sozial, wenn ein Pfarrer Seelsorge betreibt? Oder ist das asozial? Ist es sozial, wenn der Pfarrer sich die Nächte um die Ohren haut, indem er versucht, die Kindergartenfinanzierung hinzubekommen? Es gibt sicher schlechte Pfarrer, aber es gibt auch Gute. Und alle die werden auch über diese Personalkosten von Broterwerb freigestellt, das heißt, sie können sich voll ihrer Arbeit widmen (sie kriegen ihr Geld nicht nach Leistung, sondern werden freigestellt um die ganze Leistung auf ihre Arbeit richten zu können).
Wenn nun ein Pfarrer sich im Rahmen seiner Gemeindearbeit engagiert für Flüchtlingsarbeit, wenn er Kirchenasyl gibt, Beratung organisiert, ist das unsozial? Das müßte es sein, oder die 5% stimmen so nicht. Und ich glaube nicht, daß die katholischen Zahlen hier so anders aussehen. Es wird wohl mehr Geld für Denkmalschutz ausgegeben werden müssen, bei den ganzen alten Kirchen.
Zählt man die genannten Zahlen zusammen, dann kommt man auf über 3/4 der Ausgaben, die zumindest mittelbar mit Sozialem zu tun haben. Da sind dann sicher noch Dinge mit drin, die nicht „sozial“ sind, wie Büroarbeit der Pfarrer, oder Ausgaben für den Gemeindebrief, der ja kostenlos verteilt wird.
Ein bißchen ärgert mich die Kritik der Humanisten bei diesen Zahlen. Klar, die wollen auch ihre eigenen Mitglieder bei der Stange halten, und das geht besonders gut indem man die Fehler der anderen groß macht.
Zu wünschen wäre, daß die Kirchen ihre Finanzierung transparent machen, also aufgeschlüsselt offenlegen, so daß jeder Interessierte sich überzeugen kann, wohin das Geld geht. Sicher ist das teuer und erst einmal ein Kraftaufwand, das umzusetzen. Wenn aber erst einmal umgesetzt, wird viel Kritik verstummen, oder bessere und richtigere Kritik vorgebracht werden. Es ist ja nun nicht so, daß die Kirche ein Interesse daran hat, Geld zu verpulvern.