Seit in den letzten Tagen die Kindesmißbrauchsfälle bei Jesuiten und anderen katholischen Schulen (oder waren auch schon evangelische dabei?) durch die Medien gingen, hört man immer wieder interessante Vorwürfe gegen die katholische Kirche, ihre Sexualmoral und den Zölibat.

Irgendwo scheint vieles davon nicht ganz zusammenzupassen. Ich meine damit nicht Vorwürfe wie: Die Mißbrauchsfälle wurden vertuscht bzw. auffällig gewordene Priester wurden einfach versetzt ohne die neuen Vorgesetzten über das Vorgefallene zu informieren. Die Vertuschungen sind unverzeihlich, normal hätte sofort die Polizei eingeschaltet werden müssen. Es bleibt zu hoffen, das Opfer nun und in Zukunft sich gleich an die Polizei wenden, damit die Fälle aufgeklärt werden.

Was ich aber nicht ganz nachvollziehen kann ist der Vorwurf, daß die Täter sich aufgrund des Zölibats an den Kindern vergriffen haben sollen. Klar, asexuelles Leben wird heute als anormal, vielleicht sogar pervers wahrgenommen. Wer es „sich durch die Rippen schwitzen“ muß, steht wohl unter einem besonderen Druck, der sich dann dort entlädt, wo die Opfer am schwächsten sind.

Nur: Wieso vergreifen sich die Täter scheinbar immer an Kindern? Warum werden keine Fälle von Vergewaltigung erwachsener Frauen (Heterosexualität sollte in der Gesellschaft – und damit auch unter Priestern –  wohl am Meisten verbreitet sein)? Oder kennt man die Fälle noch nicht? Und was ist mit den Menschen, die keinem Zölibat unterliegen, aber trotzdem keinen Sexualpartner haben? Sind Menschen ohne Partner, die keine One-Night-Stands haben (soll es geben) auch alle potentielle Pädophile?

Und wie sieht es eigentlich mit den Zahlen aus? Wie hoch ist der Prozentsatz der durch Kindesmißbrauch auffällig gewordenen Menschen im Priesterstand, und wie ist es in der Gesamtbevölkerung? Sind es vielleicht wirklich nur Einzelfälle, die den Prozentsatz der Täter in der Gesamtbevölkerung nicht übersteigen? Das würde die katholische Kirche nicht vom Vorwurf der Vertuschung entlasten. Aber der Zölibat müßte eventuell rehabilitiert werden. Vielleicht müßte man die katholische Sexualmoral (abgesehen von der latenten Homophobie, da komm ich schlecht klar mit) insgesamt noch einmal bewerten.

Es ist immer einfach, auf das Andere einzuschlagen, doch haßt man am Anderen meist das am Meisten, was man an sich selbst nicht ausstehen kann…

Update: Ich hab grad eine Äußerung des Bistums Rottenburg-Stuttgart zu den Täterzahlen und dem Verhältnis zu der Gesamtzahl der für das Bistum Arbeitenden gefunden.

Comments

Comment by Thomas Weber on 2010-02-17 15:52:24 +0100

Es gibt wohl schon zumindest einen Vorfall in der evangelischen Kirche:
http://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/missbrauch170.html

Comment by bundesbedenkentraeger on 2010-02-17 21:12:10 +0100

Ja, hatte ich auch schon gehört. Ich dachte eher an Pfarrer oben, aber stimmt, ist auch ein Fall…