Nachdem ich jetzt schon ne Weile au dem Augenwinkel mitkriege, wie über den Islam und die Scharia in Deutschand debattiert wird, bin ich auf folgenden Artikel gestoßen, in dem die Einführung der Scharia zu Integrationszwecken abgelehnt wird.

Leider ist der Diskussionsgegenstand, eine Hausarbeit mit dem Titel „Anwendung der Scharia in Deutschland“ nur gegen Bezahlung zu erhalten, und die 5€ ist mir der Schrieb nicht wert.

Besagter ablehnender Artikel scheint nämlich von vornherein davon auszugehen, daß die Scharia nicht ins deutsche Rechtssystem integriert werden kann, darf oder sollte. Dafür setzt er sich aber nicht mit eventuellen Argumenten auseinander, sondern eher mit den dahinter stehenden Personen. Schade eigentlich, denn so kann ein Pfennigfuchser wie ich nur mtmaßen, was die Argumente für die Einführung der Scharia wären.

Prinzipiell bin ich der Meinung, daß die Scharia nicht eingeführt werden kann, ebenso wenig wie das mosaische oder noahidische Gesetz, die Bergpredigt  oder der Codex Iuris Canonici. Trotzdem findet man in unserem bundesdeutschen Recht Einflüsse eben jener Rechtskorpora der traditionellen hiesigen Religionen. Da nun mit dem Islam eine neue Religion hinzu kam, sollte die Frage erlaubt sein, ob ein auf christlichen Fundamenten (jaja, und der Philosophie und des Humanismus) stehendes Recht für eine aus ganz verschiedenen Gruppen bestehende Gesellschaft noch passend ist.

So scheint es mir so, als ob in letzter Zeit bei Taten wie Genitalverstümmelung (inkl. Beschneidung von Jungs, wenn sie auch von vielen Menschen, mich eingenommen, anders gewertet wird), sogenannten Ehrenmorden, Kopftüchern (wird die Queen von Prince Philipp unterdrückt wenn sie eins trägt?), Tierschächtung etc kein allgemeiner Konsens in der Gesellschaft (inklusive Muslime) besteht.

Eine Gesellschaft muß eien gemeinsamen Wertekonsens haben, sonst bricht sie auseinander, sonst geht der letzte Rest gesellschaftlicher Sozialität verloren und wir können entweder den Staat abschaffen, oder bestimmte Gruppen unterdrücken (seien es nun Muslime, Christen, Atheisten, wer auch immer). Das Thema hatte ich vor ein paar Monaten schon einmal angeschnitten.

Natürlich können wir die Scharia nicht aufnehmen in unsere Rechtsordnung. Wir können aber mit Muslimen darüber in das Gespräch kommen, inwieweit unser Rechtssystem per se schariakonform ist. Denn auch Muslime wollen Verbrechen bestrafen, und über die Mehrzahl der Verbrechen, wie Diebstahl und Mord, besteht Konsens. Wir können vielleicht auch überlegen, ob die Scharia Gesetze enthält, die unsrer Rechtsordnung mit Gewinn eingegliedert werden könnten. Die Diskussion müßte dann ergebnisoffen verlaufen und nicht zu einer Belehrung werden, warum nichts übernommen werden kann. Ergebnisoffen bedeutet jedoch auch, daß das Ergebnis die Ablehnung der Scharia un aler ihrer über unser Rechtssystem hinausgehenden Forderungen sein kann.

Wenn ich es richtig verstanden habe, ist die Scharia nicht einmal ein feststehender Rechtskorpus, sondern wird gewonnen aus der Auslegung der heiligen Schriften des Islam, und aus deren Tradition. Das macht das Ganze noch einmal schwieriger, weil zu erwarten ist, daß über den Umfang und die Forderungen der Scharia kein islamweiter (oder auch nur sunnitenweiter) Konsens besteht. Darin könnte jedoch auch eine Chance liegen, weil islamische Gelehrte durchaus in unserer Rechtsordnung, wenn sie sie denn unvoreingenommen betrachten, Anteile der Scharia finden könnten. Alles nur eine Frage der Auslegung. Ob es Übereinstimmungen gibt ist jedoch eine Frage der islamischen Theologie (noch so ein Grund für die Etablierung islamisch theologischer Fakultäten an deutschen Hochschulen, wenn die Muslime das bloß einmal geregelt kriegen würden), so wie die Aufnahme oder Ablehnung von Schariagesetzen in unser Rechtssystem eine Frage der deutschen Gesellschaft und Rechtswissenschaft ist.

Jedenfalls muß diskutiert werden. Offen, mit gegenseitigem Interesse, und ohne den jeweils anderen runterbuttern zu wollen, nur weil er Muslim ist oder nicht. Am Ende sollte eine Rechtsordnung stehen, mit der der größte Teil der Einwohner und Bürger dieses Landes zufrieden sind, die sie als ihre gemeinsame gesellschaftliche Basis akzeptieren können, damit ein gemeinschaftliches Leben möglich ist, und sich nicht eine Gruppe als Außenseiter fühlen muß und folglich den deutschen Rechtsstaat ablehnt.

Das ist kein Kuschel-Multi-Kulti, in der wir alle froh sind, daß wir so verschieden sind. Das ist eher Neokulti, das Schaffen einer neuen kulturell-gesellschaftlichen Grundlage, mit der wir alle leben können mit unsren jeweiligen Besonderheiten, und deren Aufnahme in unsere Rechtsordnung.

Dieser Staat hat es geschafft, Preußen und Bayern zu integrieren. Da sollten die Integration der Muslime keine Schwierigkeit mehr darstellen.

Comments

Comment by kathrin on 2010-02-26 07:07:21 +0100

„Da sollten die Integration der Muslime keine Schwierigkeit mehr darstellen.“

Hoffentlich hat die Gesellschaft ja keine Probleme mehr…

Comment by bundesbedenkentraeger on 2010-02-26 20:49:27 +0100

Versteh ich jetzt nicht ganz…