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Am 17.7.1932 kommt es im Zuge eines Demonstrationszuges der Nationalsozialisten durch die Altonaer Altstadt zu Straßenkämpfen, denen 17 Menschen zum Opfer fallen. Infolge dieses sogenannten Altonaer Blutsonntags verfassen fünf Pastoren unter der Leitung von Hans Asmussen das Altonaer Bekenntnis[1]5. Mit den Unterschriften von 21 Pastoren[2]6 wird es am Mittwoch, d.11.1.1933, im Rahmen eines Sondergottesdienstes verlesen.

Es umfasst eine Einleitung und fünf Artikel. In der Einleitung nennen die Verfasser die Motivation für das Bekenntnis. Angesichts der gesellschaftlichen Situation wendet sich die Kirche ans Volk. Bislang haben sich Volksgruppen mit der Bitte um materielle Hilfe oder politische Unterstützung an die Kirche gewandt. Auf diese Anfragen wollen die Verfasser hier nicht antworten. Ihr Ziel als Vertreter der Kirche ist es, Staat und Volk um des Volkes willen durch die Verkündigung des Wortes Gottes in Gottes Ordnung zurückzurufen. Von diesem Ziel her ist das Bekenntnis konsequent gegliedert:

Die Verfasser wollen als Kirche sprechen und definieren deshalb zunächst, was Kirche ist[3]7. Ihre Absicht ist, den Staat, der aus einzelnen Menschen besteht, in die Ordnung Gottes zurückrufen, deshalb müssen sie zunächst vom einzelnen Menschen sprechen. Um Menschen in die Ordnung Gottes zurückzurufen, muss klar gemacht werden, dass sie in der gegenwärtigen Situation außerhalb davon stehen. Wo es ein innerhalb und außerhalb gibt, muss es Grenzen geben. Der 2. Artikel geht deshalb folgerichtig auf die Grenzen des Menschen ein. Aus den einzelnen Menschen besteht der Staat, den die Verfasser in Gottes Ordnung zurückrufen wollen und dessen Wesen und Aufgabe sie im 3. und 4. Artikel darlegen. Nach dem 4. Artikel ist die Lebenswirklichkeit des Menschen als Einzelnem und im sozialen Kontext dargestellt, jetzt kann im 5. Artikel auf die göttlichen Gebote eingegangen werden, die diese Lebenswirklichkeit schützen sollen.

Das Altonaer Bekenntnis erweckt große Aufmerksamkeit. Dies zeigen nicht nur zeitgenössische Beurteilungen[4]5, sondern auch der 1948 erscheinende Bericht im Kirchlichen Jahrbuch 1933/34[5]6. Bereits im Februar 1933 bitten die Leitung und 213 Pastoren der Mecklenburg-Schwerinischen Landeskirche besonders kirchliche Arbeitskreise, sich mit dem Altonaer Bekenntnis zu befassen und sich zu ihm zu bekennen[6]7. In den nächsten Monaten folgen weitere von ihm beeinflusste Bekennt-nisse[7]8. So ist im „Evangelischen Kirchenblatt für Schlesien“ deshalb am 2.6.1933 zu lesen: „Denn was das A.B. gebracht hat, ist ein Anfang vielleicht der wichtigsten Arbeit, die in der werdenden Kirche geleistet werden muss“[8]9. Der Aufbruch der Kirche in eine neue Organisationsform ist spätestens erfolgt, als am 20.5.1933 im Loccumer Manifest Grundzüge der neuen Kirchenverfassung veröffentlicht werden. In dieser Aufbruchs-stimmung wird das Altonaer Bekenntnis nicht als ein Bekenntnis unter vielen gesehen, sondern ihm wird eine besondere Stellung eingeräumt. Diese Beurteilungen des Altonaer Bekenntnisses in seiner Zeit sind Argumente für die Einschätzung von Klaus Scholder: „[Das Altonaer Bekenntnis] war keineswegs nur ein ‚unklares Vorspiel‘[zur Barmer Theologischen Erklärung][9]10, sondern der erste kirchliche Schritt zur Klärung der Fronten“[10]11.