Wohin demokratische Wahlen führen, wenn die Rechtsstaatlichkeit im Volk nicht verankert ist, kann man an verschiedenen Beispielen weltweit beobachten. So wird durch Wahlen vielerorts lediglich entschieden, wer in Zukunft den Ton angibt, wobei das Tonangeben sich nicht zwingend in rechtsstaatlichen Bahnen bewegen muß. Als Beispiele fallen mir grad Gaza und Ägypten ein, wobei ich mir auch bei den westlichen Staaten Gedanken mache über die Aushöhlung der Rechtsstaatlichkeit, ob durch den ständigen Verweis auf die Terrorgefahr oder die Angstmacherei vor dem Islam.

In Ägypten hat man weniger Angst vor der Terrorgefahr oder dem Islam. Das heißt: Wenn man Muslim ist. Ist man Christ, sieht die Sache schon wieder anders aus.

Denn nachdem das Militär die demokratisch gewählte und eher diktatorisch als rechtsstaatlich agierende Muslimbrüder-Partei abgesetzt und die Proteste der Muslimbrüderanhänger niedergeschlagen hat, sind diese nun losgezogen und haben nicht etwa wie die freiheitlich-demokratische Minderheit, die Mubarak absetzte, weiter Druck auf die Militärregierung ausgeübt, nein, diese ach so gläubigen Menschen (es scheinen mir eher Heuchler zu sein) suchten sich einen schwächeren Gegner: Die Christen Ägyptens. Merke: Wenn das Militär zu stark ist, dann mach ich halt wen anders platt.

Daß diese Leute die Mehrheit der Ägypter davon überzeugen konnten, sie zu wählen, spricht nicht für eine rechtsstaatliche Kultur in dem Land. Aber woher sollte die auch kommen? Nach Jahrzehnten der Diktatur?

Auch bezeichnend ist, daß die Militärregierung zwar die Demonstrationen zerschlagen konnte (unter der Inkaufnahme vieler Todesopfer), aber nicht in der Lage war, die Kirchen und Klöster des Landes zu schützen.

Nur: Was kann man tun? Daß wir nicht wissen, wie man Demokratien erschafft, kann man in Afghanistan und Irak besichtigen. Oder war dort das Ziel nicht auch einmal Nation-building? Wie bringt man ein Land dazu, demokratisch zu werden? Vieleicht müßten wir Missionare schicken, keine kirchlichen Missionare, sondern politische Missionare für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Da das aber alles Geld kostet, bleibt dies wohl an den Idealisten hierzuland hängen. Gibt es solche „Misisonsgesellschaften“ überhaupt?