Das Los ist mir gefallen auf liebliches Land; mir ist ein schönes Erbteil geworden.
Psalm 16,6

Was ihr auch tut, tut es mit Leib und Seele, so als wäre es für den Herrn und nicht für Menschen, im Wissen, dass ihr dafür vom Herrn das Erbe empfangen werdet. Dient Christus, dem Herrn!
Kolosser 3,23-24

Land losen wär doch einmal eine Alternative zum Kauf. Einfach bei ner Tombola für ne Hand voll Euros ein paar Lose besorgt, und dann gewinnen. Nichts tun, und ne nette Geldanlage bekommen.

So ist es wohl nicht ganz gemeint. Land war zur Zeit der Abfassung des 16. Psalms in erster Linie keine Geldanlage, sondern Mittel, um zu leben. Auf dem Land baute man Nahrungsmittel an. Keine Nahrungsmittel, kein Abendessen, und Frühstück und Mittagessen fielen dann wohl auch eher Mau aus, ganz zu schweigen vom Kaffeetisch nachmittags. Es sei denn man hatte Geld, aber das mußte man ja auch erst mal erwerben.

Dem Beter fiel das Los auf gutes Land, Land von dem er gut leben konnte, und das ihm – hoppla, das erklärt vielleicht einiges – zum Erbteil geworden ist. Das heißt, er hat es geerbt. Das Los war kein wirkliches Los, sondern eher Zufall. Zufällig wurde er in eine Familie geboren, deren Landbesitz nicht nur trockene, steinige Wüste umfasst, sondern auch brauchbares, gutes Land. Er hat also Glück gehabt und freut sich darüber.

Der Lehrtext spricht von einem anderen Erbe. Und zu ganz anderen Menschen. Hier geht es nicht um Landbesitzer, die angesprochen werden, sondern unter anderem um Sklaven, die aufgefordert werden, ihre Arbeit nicht nur zu verrichten, sondern so zu verrichten, als arbeiteten sie für Gott. Der Lohn dafür soll dann ein ominöses Erbe sein.

Ich muß sagen, mich ärgert dieser Text. Es ärgert mich zu lesen, daß hier werkgerechtes Denken propagiert wird. Wenn Du das und das tust, dann kriegst Du einen Lohn. Von Gottes freier Gnade ist da nicht viel zu hören. Erst die Arbeit, dann der Lohn. Oder anders: Keine Arbeit, kein Lohn. Wer nicht spurt geht leer aus.

Nein. Er geht nicht leer aus, wir müssen nur einen Vers weiter lesen:

Denn wer unrecht tut, der wird empfangen, was er unrecht getan hat

Es geht also nicht um eine wie auch immer geartete Hölle in die man kommt, wenn man die geforderte Arbeit nicht verrichtet. Die Rede vom Erbe deutet also wohl nicht auf den Himmel hin, dessen Gegenteil dann wohl die Hölle wäre. Wer Unrecht tut wird das auch empfangen. What goes around, comes around. Man erntet, was man sät.

Die Gefahr in der Hölle zu landen haben wir also vorerst gebannt, nun stellt sich die Frage, ob was uns Losung und Lehrtext sagen wollen. Die Verbindung ist der Erbteil, der im Psalm als günstiger Zufall in Form von Land beim Psalmbeter landet.

Im Kolosserbrief ist das Erbe ein Erbe von Gott. Man bekommt es, wenn man als Sklave sich nicht auflehnt, sondern seine Arbeit verrichtet, als täte man sie nicht für seinen Besitzer, sondern für Gott selbst. Und das Gegenteil des Erbes, wenn man nicht so handelt ist, daß man das empfängt, das man tut.

Womöglich ist gemeint, daß gutes Verhalten als Sklave auch irgendwann den Besitzer dazu bringen wird, einen besser zu behandeln. Wobei ich daran zweifeln würde, daß das so sein muß, und die Bibel ist an anderer Stelle auch realistischer, was die Rolle von Sklaven angeht. Niemand wird dafür gelobt, daß er seine Arbeit tut. Aber man kann darauf gehen, daß man die Folgen zu spüren bekommt, wenn man seine Arbeit nicht macht. Ist das Erbe, von dem die Rede ist, daß man als Sklave seine Ruhe hat und nicht ganz so oft geschlagen wird?

Der vorangehende Vers lautet:

Ihr Sklaven, seid gehorsam in allen Dingen euren irdischen Herren, nicht mit Dienst vor Augen, um den Menschen zu gefallen, sondern in Einfalt des Herzens und in der Furcht des Herrn.

Es geht also gerade nicht darum, dem Besitzer zu gefallen, indem man sich den Anschein gibt, ganz brav und gehorsam zu sein, und irgendwie auch seine Arbeit hinkriegt, sondern indem man seine Arbeit als seine Berufung wirklich annimmt, daß man sich als genau dahin gestellt versteht, wo Gott einen haben will. Und daß man in diesem Bewußtsein dann seine Arbeit verrichtet. Nicht, um seinem Besitzer zu gefallen, der spielt dabei keine Rolle.

Das Erbteil ist vielleicht wirklich der Himmel. Und die Alternative? Nun, wenn man als Sklave nicht tut wie geheißen, dann kann man die Konsequenz vielleicht wirklich auch als Hölle ansehen. Von Schlägen als Strafe bis zum Tod ist eigentlich alles drin. Trotzdem bleibt ein ungutes Gefühl. Während der Psalmbeter sagt, er habe ein gutes Stück Land erhalten, weil er glücklich war, besitzt der Sklave nicht einmal sich selbst, und soll trotzdem die Füße stillhalten.

Ihm blieb vielleicht wirklich nicht viel übrig, außer auf Gott zu vertrauen. Ein gewisser Onesimus, Sklave des Philemon, hatte dieses geforderte Vertrauen wohl auch nicht. Trotzdem ist die Alternative nicht besser. Also Füße stillhalten und durch, und darauf hoffen, daß Gott einem dereinst ein besseres Dasein verschaffen wird?

Mir ist das etwas wenig, wenn ich ehrlich bin. Jetzt kann man sagen, daß man daran erkennt, daß der Kolosserbrief eben kein echter Paulusbrief ist und daher auch keine ganz so tolle Theologie hat, aber er steht immerhin in der Bibel.

Weiter vorne ist die Rede davon, daß man als Christ alle negativen Gefühle und Verhaltensweisen ablegen soll und sich an Liebe und Vergebung orientieren.

Das würde sich dann auch auf die Besitzer beziehen. Auch diesen müßte man vergeben. Egal was sie tun. Und man wäre aufgefordert, sie zu lieben.

Wie viel schwieriger ist es doch hier, an das Erbteil zu kommen, als es für den Psalmbeter war, der einfach Glück hatte. Beides kommt von Gott, und es ist nach menschlichem Ermessen ungerecht. Die Welt ist ungerecht. Auch wenn innerhalb der Gemeinde Nationalität oder sozialer Status nicht zählt, wie Vers 11 betont:

Da ist nicht mehr Grieche oder Jude, Beschnittener oder Unbeschnittener, Nichtgrieche, Skythe, Sklave, Freier, sondern alles und in allen Christus.

Im „echten“ Leben kann das anders ausgesehen haben. Und Sklaven, deren Besitzer kein Christ war oder sich einfach nicht an die Forderungen hielt, hatten Pech, so wie der Psalmbeter Glück hatte.

Ich bin der Ansicht, daß alleine schon die ganzen Forderungen schon in dem Moment überflüssig und Fehl am Platz sind, wo sie ausgesprochen werden. Wer zu Christus gefunden hat, ist in der Regel derart voll von Freude, daß er bald zerplatzt. Ihm muß man eigentlich nicht mehr sagen, daß er vergeben und Liebe walten lassen soll, weil Gott ihn zuerst geliebt hat und er das begriffen hat.

Womöglich versucht der Autor des Kolosserbriefes, ob es nun Paulus war oder nicht, an diese ersten Gefühle der Erlösten zu erinnern, um eine Erkaltung des Glaubens zu verhindern. Es ist schon schwer zu lieben und zu vergeben, wenn es Schläge als Ausgleich gibt. Auch wenn dereinst alles mal besser werden soll.

Womöglich ist das Ziel des Briefautors auch, daß die Sklaven durch ihr Verhalten ihre Besitzer dazu bringen, selbst auch Christen zu werden, die dann ihre Sklaven nicht mehr als Sklaven behandeln sollten, jedenfalls nach dem Kolosserbrief, und der Philemonbrief deutet ja in die gleiche Richtung.

Es wäre schön, wenn der Brief hier eindeutiger wäre, mehr erklären würde. Tut er aber nicht.