18a)Der HERR schafft Recht den Waisen und Witwen 18b)und hat den Fremdling lieb, dass er ihm Kleidung und Nahrung gibt. 19a)Und ihr sollt den Fremdling lieben, 19b(denn Fremdlinge wart ihr im Land Ägypten).

Waisen, Witwen und Fremdlinge waren damals vermutlich die Hilfsbedürftigsten in der Gesellschaft.

Es konnte Witwen durchaus passieren, dass sie plötzlich ohne eine schutzgebende Sippe dastanden, Ein klassisches, literarisches Beispiel dafür ist Noomi im Buch Rut (Vgl. Rut1, 1-6). Der Text legt nahe, dass auch Waisen ein solches Schicksal erleiden konnten. Da jedoch die Sippe für die Wahrung der Rechte des Einzelnen tragende Bedeutung hatte, war es für Menschen außerhalb einer Sippe zumindest sehr schwer (wenn nicht gar unmöglich), ihre Rechte einzufordern. An dieser Stelle lassen die Deuteronomisten Gott selbst als Garant für das Recht der Waisen und Witwen eintreten, für das Recht derer, die in der Gesellschaft zu den Schwächsten gehörten.

Auch Liebe Gottes zum Fremdling ist als Hilfe für die Schwächsten in der Gesellschaft zu verstehen. Bei den Fremdlingen handelte es sich um Schutzbürger. Es waren Menschen, die ursprünglich nicht zum Volk Israel gehörten, sondern dorthin geflohen waren und sich dem Schutz Israels unterstellt hatten, heute kann man sagen: Sie haben Asyl beantragt. Für ein friedliches Zusammenleben mit ihnen war es nötig, klarzustellen, dass Gott gegen diese Fremdlinge nichts hat, sondern auch ihnen seine Liebe und Fürsorge (Nahrung und Kleidung) angedeihen lässt. Um das friedliche Zusammenleben mit den Asylanten zu fördern, wird Israel in V. 19b an seine eigene Vergangenheit erinnert: Auch sie waren einmal Schutzbürger in Ägypten, aufgrund der eigenen Erfahrung sollten sie also wissen, wie es ist, unterdrückt zu werden und deswegen selbst besser handeln.

Für mich ergeben sich aus diesem kurzen Kommentar zwei Gedankengänge und Fragen.

  1. Gott steht zu denen, die ihr Recht nur mühsam oder garnicht wahrnehmen können. Gott steht zu denen, die Schutz suchen vor Unterdrückung, Hunger, Verfolgung, Leid.

Wo stehen wir – was können wir tun, was tun wir?

  1. Gott lässt Schwachen in der Gesellschaft Hilfe zukommen, jedem die Hilfe, die er benötigt. Denen, die Mühe haben, Recht zu bekommen, ist er Rechtsbeistand, denen, die auf Nächstenliebe besonders angewiesen sind, erweist er sie und fordert sie ein. Er leistet sozusagen maßgeschneiderte Hilfe, die genau auf den passt, der sie braucht. Wann habt ihr das letzte Mal den Eindruck gehabt, vom „Maßschneider Gott“ etwas bekommen zu haben?