Nachdem nun fast ein Tag vergangen ist, seitdem die israelische Marine die Schiffe von Free Gaza aufgebracht hat, scheint es mir, als zeichneten sich einige Ergebnisse ab. Mir scheint, daß trotz der teils heftigen internationalen Reaktionen die Flotille ihr Ziel nicht erreicht hat.

Denn wenn man sich die Diskussion ansieht, so wird im Moment, das ist mein persönlicher Eindruck, vor allem darüber diskutiert, ob Israel das Recht hatte, die Flotille in internationalen Gewässern aufzubringen, oder nicht. Eine Diskussion über Auslegung von Seerecht und anderen internationalen Verträgen, eine Diskussion im luftleeren Raum, bei der dem ein oder anderen Staatsrechtler einer abgehen mag, die aber unter’m Strich nichts ausrichtet. Nichts für die Menschen in Israel, nichts für die Menschen in Gaza, und nichts für die Toten letzter Nacht.

Wir erinnern uns: Es geht um die Blockade Gazas, um das Leid dort vor Ort, die unzureichende Versorgung der Bevölkerung. Deshalb war die Flotille doch gestartet, um diesen Menschen zu helfen, um auf deren Leid hinzuweisen. Ginge es nur um einen juristischen Nachweis, daß die Blockade Gazas Unrecht ist, könnte man das am Schreibtisch tn. Kein Schiff müßte auslaufen.

Aber genau das, der Hinweis auf das Leid der Menschen vor Ort, auf das rücksichtslose Vorgehen der israelischen Sicherheitskräfte dort, wird nun relativiert durch Berichte, die Aktivisten hätten selbst zur Gewalt gegriffen. Und die Diskussion geht nur noch darum, wer zuerst geschossen hat und ob er im Recht war oder doch der andere. Selbstrechtfertigungen, Anklagen, und die Menschen von Gaza? Ja, um die wollen sich alle kümmern, aber keiner tut’s.

Wer gar nicht erst die Gewalt als Mittel zulässt, braucht nicht über den rechtmäßigen Gebrauch derselben zu diskutieren. Wer sich von vorne herein klar von Personen und Organisationen distanziert, die unter Umständen eigene strategische Interessen im Zielgebiet haben könnten (ich rede vom Vorwurf, es gäbe Kontakte zwischen Flotille und Terrorismus), braucht am Ende nciht darüber zu diskutieren, wer die wahren Terroristen sind.

Derzeit sieht es so aus, als hätte man das nicht bedacht. Wären die Aktivisten ruhig und friedlich geblieben, hätte es vielleicht trotzdem Tote und Verletzte gegeben, wahrscheinlich aber weniger als jetzt. Vielleicht sogar gar keine. Wären die Aktiviste ruhig geblieben hätten die Organisatoren nicht die Frage nach dem Schwarzen Peter aufbringen müssen (die haben aber zuerst geschossen), sondern hätte frei behaupten können: Von uns ging keinerlei Gewalt aus. Videoaufnahmen scheinen derweil zu belegen, daß dies aus gutem Grund nicht gesagt wrde.

Die Sache ist gescheitert. Menschen starben und wurden verletzt, viele werden erst mal ins Gefängnis gehen, die Weltöffentlichkeit ist ein wenig schockiert, aber das wird sich legen, und in Gaza kam nichts an.

All das läßt in mir den Gedanken aufkommen: Das war schlampig geplant und durchgeführt. Sicher hatten die meisten der 700 Aktivisten viel guten Willen und viel Idealismus bei der Sache. Aber das reicht scheinbar nicht. Es reicht nicht mit viel Idealismus einen Staat zu provozieren, von dem bekannt ist, daß er draufhaut, und meint, alleine die israelische Gewalt wird die Welt aufschrecken. Tut sie nicht, tat sie noch nie und vor allem: Auch die Hamas übt Gewalt aus, und wenn Friedensaktivisten z Eisenstangen greifen, stellen sie sich auf die gleiche Stufe und verspielen alle Sympathien.

So wird dann aus einer Aktion, die für viele Sympathien hätte sorgen können, zu einer Aktion, die vor allem für Diskussionen zu internationalem Recht geführt hat. Naja, vielleicht hat der ein oder andere Staatsrechtler wenigstens seinen Spaß…